25. Juli 2020
Bregenzerwald und dann ab über die Grenze
Ausgeruht und gut gelaunt fahre ich frühmorgens von zu Hause los. Richtung Norden ist der Plan. Die besten Wünsche der Familie geben mir Anschub. Und diesen verstärke ich noch mit einem schnellen Besuch bei meinem Freund Günter. So ausgerüstet bin ich im Nu am Bödele über Dornbirn, und düse Richtung Hittisau. Dort will ich beim Frauenmuseum vorbeischauen. Einen Schnappschuss des neu erbauten Gebärraumes sende ich meiner Tochter. Sie hat am Lehmbau als „Raum für Geburt und Sinne“ mit vielen anderen mitgearbeitet. Und weil ich da mit meinem Rad samt Gepäck auftauche, wecke ich auch die Neugierde eines Urlauberpaares aus Oberösterreich. Es entwickelt sich ein nettes Gespräch. Statt des Geburtsraumes stehe jetzt plötzlich ich etwas ungewohnt im Mittelpunkt. Doch allzu lange lasse ich mich nicht aufhalten. Ich decke mich in einem nahen Geschäft mit einer Jause ein. Dann genieße ich die vielen Kurven und das Ambiente im Allgäu über der Grenze. Der Start zur nächsten Etappe ist geglückt. Ab jetzt geht es in Deutschland Richtung Norden.
26. Juli 2020
Quer übers Land
Ich wache schon früh auf, und bleibe dennoch länger liegen. Ein kurzer Blick aus dem Fenster hat genügt. Am Vortag war es noch ein super toller Sonnentag. Nur jetzt ist alles grau in grau. Nieselregen hat sich breit gemacht. Laut Prognose sollte er am Morgen abgezogen sein. Doch wie ich mich aufmache und meine Sachen packe, fängt es dennoch wieder zu regnen an. Dazu noch kräftiger als zuvor. Also warte ich mal im Trockenen ab. Irgendwann hat sich die Geduld dann gelohnt. Ich starte mit Regenschuhen in den Tag.
Die kleinen Weiler entlang der Route schauen irgendwie alle gleich aus. Und weil Sonntag ist, tönt es auch in den Zentren mit den großen Kirchen überall gleich. Ich kann Orgelmusik hören, und auf den Straßen sind vereinzelt die Kirchgänger zu sehen. Abstandsprobleme dürften sie vermutlich keine in den Bänken haben. Denn es sind nicht sehr viele am Weg. Dafür begegnen mir immer wieder Lastautos mit Milchcontainern. Die Sennereien sammeln die Milch ein. Im grünen Unterallgäu scheint Viehwirtschaft zu dominieren.
Ich fahre quer übers Land und genieße den leichten Rückenwind. Entlang meiner Strecke gibt es nur wenige Steigungen. So komme ich flott voran. Neben den Verbindungsstraßen gibt es immer wieder einen separaten Fahrweg für Radler. Wenn ich ihn nicht benutze, werde ich akustisch darauf aufmerksam gemacht, dass ich gefälligst von der Straße verschwinden soll. Jedenfalls hört sich die Huperei der Autofahrer so an. Und deren Handzeichen sind meist auch eindeutig. Ja, Deutschland ist ein Autoland. Doch die Radwege sind ebenfalls ganz ok. Sie winden sich durch die grüne Landschaft, sind angenehm zu fahren. Am Himmel hinter mir türmen sich immer wieder schwere Wolken auf. Doch bis auf ein paar wenige Spritzer bleibe ich trocken. Und am Nachmittag klart es endgültig fein auf. Es war eine richtige Rolleretappe heute. 150 Kilometer zeigt der Zähler in Neuburg an der Donau für den heutigen Tag.
27. Juli 2020
Altmühltal und Oberpfalz
Mit einem Foto auf der Brücke über die Donau beginne ich den Tag auf dem Rad. Über dem Fluss liegt außerhalb der Stadt leichter Nebeldunst. Doch bis ich im Altmühltal bin, hat sich die Sonne längst durchgesetzt. Es wird ein schöner Tag. Und am Nachmittag meine ich, dass es auch sehr heiß geworden ist. Entlang der Altmühl lässt es sich fein fahren. Es gefällt mir sehr. Kein Wunder. Die Gegend ist als Naturpark ausgewiesen.
Irgendwann überquere ich den Rhein-Main-Donau-Kanal. Ich bin am Weg in die Oberpfalz. Auf einem großen Feld bricht ein Bauer gerade das abgeerntete Getreidefeld um. Er wird wohl mehr als nur ein paar Mal hin und her fahren müssen, bis er es mit seinem vierscharigen Pflug geschafft hat. Ich bleibe eine Zeit lang auf seiner Höhe. Die frisch aufgebrochene Erde riecht wunderbar. Der Geruch erfüllt die ganze Umgebung rund herum.
Am Nachmittag wird das Gelände etwas mehr kupiert. Mit der Hitze ist es auch anstrengender zum Fahren. In einer langen steilen Waldabfahrt überholt mich ein Motorradfahrer. Er zeigt mir seinen Daumen hoch. Er will mir wohl Respekt zollen für die hohe Geschwindigkeit. Doch freundlich bedanken kann ich mich nicht. Ich brauche beide Hände am Lenker um mein Rad auf Kurs zu halten. Aufwärts ist es zwar etwas zäh, doch abwärts schiebt mein Gepäck kräftig an. Da lasse ich es flott laufen.
28. Juli 2020
Fränkische Schweiz und Corona-Nachrichten
Am Morgen meinte der Wirt, dass ich dann wohl gut aus Bayern raus bin, wenn ich meinen Tagesschnitt ungefähr weiterfahre. Als ich dann ein Straßenschild mit Berlin sah, war es mir aber doch zu weit, um dem Wegweiser zu folgen. Ich wollte zuerst noch die Fränkische Schweiz und ihre Fachwerkshäuser genießen. Also kurbelte ich die schmalen kurvigen Sträßchen ab. Land der Burgen, Höhlen und Mühlen, konnte ich auf den Hinweistafeln immer wieder lesen. Und schön anzuschauen, war mein Eindruck.
Auf der Straße war wenig los. Es gab fast nur Busse mit Kanuanhängern. Im Wald hörte ich es gelegentlich juchzen. Dann konnte ich meist rote Helme oder Schwimmwesten erkennen. Und in den Lichtungen auch die blauen Kanus. Sie fuhren auf der Wiesent. Kein reißendes Wildwasser, ein eher gemächlich dahinfließender kleiner Fluss. Ich fuhr ihm mehr als eine gute Stunde entlang, machte die Windungen mit, konnte das sanfte Plätschern hören. Umtragestellen gab es auf der Straße keine. Solche waren nur am Fluss angeschrieben. Dann watschelten rot behelmte Personen ihre blauen Boote schleppend durch das üppige Wiesengrün. Das war lustig anzuschauen. In den Booten paddelnd schauten sie selber viel entspannter drein als auf der Wiese.
Doch auch bei meiner Miene waren die Mundwinkel nicht durchgehend oben. Mir gingen die Nachrichten durch den Kopf, die ab sofort neue Reiseeinschränkungen für Österreicher vorsahen. Alle Routen geschlossen, hat jemand vor einiger Zeit immer wieder stolz betont. Nur jetzt gibt es dieses Ausgrenzen selbst innerhalb Europas. Und das ganz speziell für Österreicher. Verrückte Welt, wenn man auf Reisen ist. Und sonst wohl auch. Ich werde meine Route etwas anpassen. Denn für ein sommerlanges Selbstquarantäneprogramm habe ich wirklich keine Lust.
29. Juli 2020
Richtung Osten, Erzgebirge
Statt gerade nach Norden hoch lege ich heute einen kleinen Richtungswechsel ein. Ich fahre Richtung Osten zur tschechischen Grenze. Die Gegend ist unspektakulär, und gefällt mir dennoch. Es liegen einige Luftkurorte mit alten Villen und schönen Gärten am Weg. Am Abend erreiche ich die Langlaufarena Klingenthal. Doch davor ging es mit stetig leichtem Auf und Ab durch schattenspendende Wälder und über weite Plateaus. Ein paar kräftige Steigungen waren auch dabei. Eine war gar mit 19 Prozent angeschrieben. Da bin ich dann im Wiegetritt an meinem hohen Puls gescheitert. Die Passage war mir eindeutig zu lang. Ich kam nur mit Schieben hoch.
Auf den offenen Hochflächen gab es zahlreiche Windräder. Eines stand jedoch still. Ich wunderte mich schon von weitem, da sich alle anderen rund herum kräftig drehten. Beim Näherkommen konnte ich am Flügel oben einen Arbeiter erkennen. Es sah aus, als ob eine Fliege dran kleben würde. An Seilen hängend war er mit Schleifarbeiten am Flügel beschäftigt. Es tönte wie in einer Heimwerkstatt. Atemschutzmaske brauchte er glaub keine. Den Schleifstaub verteilte wohl der Wind. Das muss sicher eine eintönige Arbeit sein, falls er sich alle 3 Flügel vorgenommen hat.
30. Juli 2020
Einsames Gebirge mit viel Wald
Beim Erzgebirge beschäftigte mich heute weniger der erste als vielmehr der zweite Teil des Namens. Denn dieser stand für ein kräftiges und ständig abwechselndes Auf und Ab. Sogar 4 Passübergänge lagen auf meinem Weg. Auch wenn sie nur um die 1.000 Meter hoch waren, so mussten diese doch erst mal bewältigt werden. Das Fahren war jedoch ganz fein. Einsame Straßen durch schattenspendenden Nadelwald. Dazu aber leider auch ein paar Umleitungen wegen Bauarbeiten.
Entlang der tschechischen Grenze sind nur wenige Dörfer. Der Bär ist hier jedenfalls nicht los. Wahrscheinlich gibt es hier auch überhaupt gar keine. Dafür entdeckte ich ein paar alte CZ-Motorräder, noch zweitaktend am Weg. Und am Abend sah ich in Marienberg einen Trabi. Er konnte das Tempo der anderen im Stadtverkehr leicht halten. Er fiel nur durch seine äußere Form etwas auf. Ich bin heute auch an vielen alten, aufgegebenen Industriebauten vorbeigekommen. Irgendwann muss die Region mal eine größere wirtschaftliche Bedeutung gehabt haben.
In einer kleinen Ortschaft entdeckte ich ein Schild mit der Aufschrift "Geburtsort des ersten deutschen Weltraumfahrers". Der war 1978 mit den Russen abgehoben. Eine Raumfahrtausstellung hätte es dazu auch zu sehen gegeben. Die passte jedoch nicht zu meiner Umlaufbahn am heutigen Tag. Ich war mit den Gebirgspässen des Erzgebirges mehr als nur eingedeckt.
31. Juli 2020
Radelfeines Mittelsachsen
Im Gegensatz zu gestern war es heute ein entspanntes Radeln. Kein Wunder, die Bergetappen hatte ich ja schon geschafft. Am Abend war die Summe der Abwärtsmeter deutlich höher als jene aufwärts. Ich fand eine Route mit überwiegend schmalen Straßen und ohne Verkehr. Quer durch den Wald könnte ich einzelne Streckenabschnitte bezeichnen. Und das bei angenehmen Temperaturen und ohne Wind. Wenn sich eine Hochebene auftat, so konnte ich ringsum sanfte bewaldete Hügel sehen. Mittelsachsen zeigte sich von einer feinen Seite.
Je mehr ich Richtung Osten fuhr, desto mehr dominierte wieder Getreideanbau. Riesige Felder, war mein Eindruck. Doch ganz ohne Wald ging es dennoch nicht. Und etwas größer und lieblicher wurden auch die Ortschaften. Sächsische Schweiz las ich in der Karte als Bezeichnung. Die gefiel mir ganz gut. Und als sich auf der Karte plötzlich ein breites, blaues Band in den Blickwinkel zu schieben begann, war es die Elbe. In Wirklichkeit war sie aber nicht blau. Sie zeigte ein dunkles, gräuliches Grün. In einem kurvenreichen Bett floss sie gemächlich dahin.
Abends erreiche ich Königstein. In einer Seitenstraße waren an einer Hausmauer Markierungen angebracht. An ihnen konnte ich die Hochwasserstände aus 2 Jahrhunderten ablesen. Den höchsten Stand erreichte die Elbe hier demnach 1843. Da schaute gerade noch der obere Fensterrahmen im ersten Stock aus dem Wasser. Doch die Fenster haben sie wohl auch 2002 nicht aufgemacht. Da reichte das Wasser dort bis auf halbe Fensterhöhe. Dabei wirkt die Talsohle zwischen den markanten Felsen bei Königstein ganz breit. Die Elbe fließt weit unten in einer Schlinge vorbei.
1. August 2020
Der Duft von Stroh
Als ich kurz nach dem Start auf einer weiten Anhöhe ein allein stehendes Gebäude sehe, muss ich schmunzeln. "Heiterer Blick" nennt sich das Gasthaus. Ich meine, bei der Aussicht rundherum ist das sicher ein passender Name. Und für einen heiteren Blick muss man hier gar nicht im Keller des Hauses was zum Anstoßen suchen. Traumhaft, so ein sonniger Morgen, und die feine Landschaft dazu.
Auf vielen Feldern ist gerade die Rapsernte im Gang. Da fahren meist mehrere große Erntemaschinen mit ihren breiten Mähbalken nebeneinander her. Hinten werfen sie in einer Staubwolke das klein gehäckselte Stroh aus. Und den geernteten Raps laden sie irgendwann auf die am Feldrand abgestellten Anhänger um. Später überholen mich dann die großen Traktoren. Oder sie kommen mir entladen wieder aus einer der nächsten Ortschaften entgegen.
Doch mehr als die Rapsfelder gefallen mir die abgeernteten Getreidefelder. Deren Stroh verbreitet einen wunderbaren Geruch. Es ist toll, mitten in diesen Feldern am Weg zu sein. In einem gleichmäßigen Rhythmus dahinrollen, die Hitze des Tages wahrnehmen, dem Duft des Strohs in der Nase nachspüren, so könnte es für mich lange dahingehen.
Doch die Felder in dieser Ecke Deutschlands haben dann doch nicht jene Weite, dass dies stundenlang so währt. Da kommen immer wieder kleine Dörfer mit lustigen Namen als Abwechslung zwischendurch. Oder ich entdecke ein Schild mit dem Hinweis Wasserscheide Nordsee/Ostsee. Da war ich mit Nachdenken abgelenkt, welche Flüsse ich da zuordnen kann. Oder ich komme in eine Stadt namens Görlitz. Da ist das Landleben dann gänzlich vorbei. Da staune ich ob der prächtigen Bauten und der verschiedenen Stile in der historischen Altstadt, direkt an der Grenze zu Polen. Ja, ein kleiner Stadtbummel hat schon auch was für sich. Zum Abendessen gab es als Vorspeise eine sensationell köstliche Rote-Beete-Suppe. Dazu vegetarischen Bigos mit Kartoffeln. Es sei ein polnisches Nationalgericht mit Weißkraut, Sauerkraut, Äpfel und Pflaumen, hat mir die Kellnerin ihre Empfehlung beschrieben. Und es schmeckte echt lecker. Bigos werde ich mir merken.
2. August 2020
Matthäus Daniel Pöppelmann
Heute geht es flach und gerade dahin. Eine Rolleretappe entlang der Grenze zu Polen. Für eine kurze Zeit kann ich im Windschatten eines deutschen Rennradlers mithalten. Da ginge was flott weiter, wenn ich den ganzen Tag so fahren könnte. Doch irgendwann lasse ich abreißen. Es ist entspannter, meinen eigenen Rhythmus zu fahren. Die Strecke führt entlang der Neiße. Zum Teil nutze ich auch den dortigen Fahrradweg. Da kann ich sehen, mit wie viel Gepäck andere am Weg sind. Oder wie sie gepackt haben, und welche Räder sie fahren. Also, es geht scheinbar alles. Von Sandalen bis zum Schlapphut, von der Gürteltasche bis zum Seesack, vom Baumarkt-Rad bis zum Lastenträger. Ich denke, dass mein Setup ganz ok ist. Ich komme jedenfalls damit klar. Und ich freue mich, wenn ich zumindest am Fahrradweg auf der Überholspur bleiben kann.
Irgendwann am frühen Nachmittag zieht das Wetter zu. Ich wollte eigentlich noch ein paar Kilometer weiter fahren bis Eisenhüttenstadt. Doch ein nettes Hotel am Weg zieht mich an. Klosterhotel mit wilder Klosterküche steht auf einem Banner. Und so lande ich in einem Zimmer, das mit Pöppelmann angeschrieben ist. Barock-moderner Stil für Designliebhaber, kann ich als Selbstbeschreibung nachlesen. Doch es ist keineswegs abgehoben, vielmehr ganz gediegen und mit Pfiff. Hie und da mal was Besonderes mag ich mir schon gönnen. Der Herr Pöppelmann hat seine Spuren als Wandergeselle in Dresden rund um 1700 gezogen. Und als Baumeister mit dem Dresdner Zwinger Geschichte geschrieben. Das entdecke ich beim Googeln zu seinem Namen. Draußen macht sich währenddessen ein Landregen breit. Er lässt es auf der Terrasse kräftig prasseln. Ich bin froh, dass ich noch gut untergekommen bin.
3. August 2020
Frankfurt/Oder
Ziemlich frisch ist es am Morgen. Dazu hängend die Wolken ganz tief. Ein paar Regentropfen merke ich auch auf meiner Brille. Die Landschaft macht bei diesem Wetter einen düsteren Eindruck. Alles ist flach. Die Straße zieht oft über mehrere Kilometer fast nur gerade dahin. In den kleinen Ortschaften gibt es immer wieder Betonplatten statt Asphalt als Straßenbelag. Die Autos fahren dennoch gleiches Tempo. Nur ich werde kräftig durchgeschüttelt. Dabei fahre ich ohnedies ganz langsam. Meine Packtaschen klappern im Takt zu den Plattenübergängen. Holper, holper, holper. Bei solchen Verhältnissen bin ich immer froh, wenn ich nach dem Passieren der Häuser wieder normal fahren kann. Ich schau dann voraus, ob ich Alleebäume sehe. Denn diese säumen hier in den Brandenburger Auen die Straßen außerhalb der Ortschaften.
Irgendwann am späten Vormittag komme ich dann nach Frankfurt/Oder. Ich bin total neugierig, was das für eine Stadt ist. Denn ihren Namen habe ich schon unzählige Male gehört. Aus den Geschichten meines Vaters von früher. Er war vor 75 Jahren die letzten Kriegstage in dieser Gegend. Ja, und so kleine Birkenwäldchen habe ich auch gesehen, von denen er erzählt hat, und in denen sie sich damals versteckt hielten. Doch die Stadt selbst ist ohne besonderes Flair. Großflächig, und für Autos gemacht, ohne erkennbares gewachsenes Zentrum. Das war früher sicher anders. Ich nehme also nur den Namen wieder mit. Dazu die Erinnerung, dass auch ich jetzt mal in Frankfurt/Oder gewesen bin. Und das sogar mit dem Fahrrad.
Auf den Feldern sehe ich manchmal Traktoren eingehüllt in mächtige Staubfahnen. Der Wind trägt sie auflösend weiter. Die Bauern kalken gerade die Böden. Ist es woanders Mist, der aufs Feld gebracht wird, so ist es hier Kalk als Dünger für die riesigen Getreideflächen. So erklärt es mir jedenfalls ein Traktorfahrer. Ich habe mich bei ihm erkundigt, als er mit beladener Schaufel auf seinen Kollegen mit dem Streuwerk wartend am Straßenrand stand. Sie bekämen den Kalk von einem der Eisenwerke hier in der Gegend. Dort wäre es Abfall. Sie könnten ihn hier gut für die Felder gebrauchen.
Richtung Oder bleibe ich dann nochmals bei jemandem stehen. Es ist ein Archäologe, der mit einer kleinen Maurerkelle in einer Straßengrube kniet. Dort schabt er vorsichtig Sand am Boden ab. Daneben liegen in kleinen Plastikbeuteln seine Fundstücke. Er freut sich, dass er mir etwas von seiner Arbeit erzählen kann. Und was es da am Boden alles zu erkennen gäbe, von dem ich bis auf ein paar Steinerhebungen gar nichts mitbekomme. Fahrräder habe er allerdings noch nie gefunden. Da müsste er wahrscheinlich noch ein paar tausend Jahre warten, meinte er lachend.
4. August 2020
Ein Funkloch in Mecklenburg-Vorpommern
Die Schlechtwetterfront scheint schnell weiter gezogen zu sein. Über der Oder kommen erste Sonnenstrahlen durch. Und die Strecke ist gleich schon am Morgen fein zu fahren. Schmale Sträßchen, die durch Kiefernwälder führen. Dazu nur wenig Wind. Ich komme gut und leicht voran. Zumindest eine Zeit lang geht es ganz mühelos. Doch als wieder die offenen Felder auftauchen, nimmt die Dichte an Windrädern in der Landschaft zu. Mein Tempo hingegen nimmt deutlich ab. Es geht zwar flach dahin, doch auf den langen Geraden ist der aufgekommene Wind ziemlich ärgerlich. Dafür entschädigt die Landschaft mit ihren vielen Getreidefeldern. Ich bleibe immer wieder für ein paar Schnappschüsse stehen. So ein Sandwich taugt mir eindeutig. Oben blau, unten goldig gelb, und ich in der Mitte drin am Radla.
Bei einer Tankstelle kaufe ich mir unterwegs ein Getränk. Sprite ist bei solchen Gelegenheiten mein Lieblingsgetränk. Die Kohlensäure schüttle ich nach dem ersten Schluck kräftig raus. Zu Hause als Zuckerwasser verpönt, finde ich dieses Getränk beim Radeln ganz ok. Im Shop läuft Musik. Als ich bezahle, wundere ich mich über die Moderatorinnenstimme im Radio. Es ist jemand von Ö3. Erstaunt frage ich die Kassierin, was denn ihr Bezug zum österreichischen Radiosender hier oben in Mecklenburg ist. Mit Berliner Schnauze erklärt sie mir, dass es einfach nur ein Funkloch sei. Es gäbe hier bloß Empfang für 2 Sender. Und sie würden den österreichischen Sender dem polnischen vorziehen.
5. August 2020
Plattenstraßenparadies
Das was ich gestern am frühen Abend nicht mehr geschafft habe, geht heute in der Frühe ganz locker. Ich bin mit Rückenwind am Weg. Ich fliege fast an die Ostsee. Ruck zuck taucht sie auf. Zuerst noch hinter Schilfgras verborgen, doch irgendwann zeigt sie sich in einer Lücke. Ein bisschen kitschig war es auch, weil es noch blauweiße Strandkörbe als Blickfang gab. Ich freute mich sehr. Gerade erst aufgebrochen, habe ich den Eindruck, und jetzt bin ich schon bei den Nachbarn hoch oben im Norden.
Ich wähle eine Route durch das Vorland der Ostsee. Hier bin ich allein am Weg. Kein Wunder, die Straße ist nicht gerade fahrradfreundlich. Es sind Betonplatten. Doch keine neuen, sondern solche, die schon kräftig in die Jahre gekommen sind. Und so wie sie verlegt sind, scheint der Absatz zwischen den Platten ein originales Markenzeichen von damals zu sein. Es rüttelt mich jedenfalls kräftig durch. Am besten geht es fast noch, wenn ich eher schnell als langsam fahre. Dann ist es ein hochfrequentes Dauerrütteln. Solche Streckenteile finde ich heute immer wieder. Die Zufahrt ist meist gut geteert. Damit lockt es mich an. Von der Hauptstraße weg ist immer gut. Doch spätestens auf Höhe der letzten Häuser, wenn es in die Felder geht, stoße ich auf diese wenig geliebten Plattenstraßen. Zum Umkehren ist es dann meist schon zu weit. Und so verbringe ich die zweite Tageshälfte hie und da mit etwas Missmut am Rad.
Am Abend bin ich dann dennoch zufrieden. Es hat schon ein eigenes Flair, in dieser Landschaft am Weg zu sein. Es ist ein Naturparadies mit einem Hauch von Wildnis im Übergang zwischen Land und Meer. Und ein feines Ambiente finde ich auch in der Kreisstadt Greifswald vor. Da staune ich, wie viele Radler kreuz und quer über den weiten Hauptplatz flitzen. Der ist natürlich auch gepflastert. Doch vielleicht geht es ihnen gleich wie mir. Wenn das Drumherum passt, dann stört der Untergrund doch nicht so sehr. Dann bleiben die Mundwinkel oben.
6. August 2020
Radweg mit Ansage
Am Morgen herrscht am Hauptplatz reges Treiben. Es ist Markttag. Die Stände werden gerade aufgebaut. Ich biege jedoch rechts ab und nehme Kurs auf Stralsund. Irgendwann sind 30 Kilometer angeschrieben. Es gibt eine alte, und parallel dazu eine neue Straße. Die alte Straße ist ganz idyllisch mit vielen Alleebäumen gesäumt. Doch auf ihr ist niemand am Weg. Auch ich nicht. Denn mehr als eine Stunde auf Kopfsteinpflaster zu fahren gefällt mir sicher nicht. Also wage ich mich auf die neue Straße. Auf ihr zischen die Autos recht flott an mir vorbei. Einige sind besonders aufmerksam. Kurz hinter mir hupen sie mit voller Lautstärke. Dann schneiden sie gefährlich vor mir an den rechten Rand hin. Offensichtlich störe ich sie als Radler auf ihrer Straße. Dabei wäre genug Platz für alle. Ich probiere dann wieder ein paar Meter auf dem Kopfsteinpflaster. Doch sobald eine Abzweigung auf die neue Straße kommt, fahre ich wieder dort weiter. Kurz vor Stralsund ist die Straße dann als Schnellstraße gekennzeichnet. Da gebe ich auf. Ich fahre endgültig von der Straße runter und wähle den Radweg. Diese Strecke habe ich mir am Morgen gänzlich anders vorgestellt. Jedenfalls nicht als Fahrradweg mit Kopfsteinpflaster.
Irgendwann auf dem Weg nach Rostock kommt es dann noch dicker. Ich habe gerade eine größere Ortschaft passiert, und fahre wieder auf der Hauptstraße. Plötzlich höre ich eine Stimme aus einen Lautsprecher hinter mir: „Achtung Polizei, Radfahrer verlassen Sie die Bundesstraße. Biegen Sie links ab auf den Radweg“. Das war eine klare Ansage, die aus einem Bus der Polizei sogar zwei Mal erfolgte. Und auf so etwas reagiere ich dann doch. Es ist zwar eine doppelte Sperrlinie und ein Grünstreifen über die ich drüber muss. Doch mit dem freundlichen Helfer hinter mir traute ich mir es zu. Wir verständigten uns dann mit Handzeichen, dass alles ok ist. Zum Glück war der Radweg danach gut fahrbar. Und weil auf der Hauptstraße recht viel los war, war ich auch gleich einsichtig. Dazu kam wenig später eine Abzweigung, die meine Route wieder eher querfeldein weiterführte.
7. August 2020
Moin Moin
Als ich mich am Morgen beim Weg heraus aus Rostock am Fahrradweg abmühe, verbeiße ich mich an einem Gedanken. Er beschäftigt mich dann längere Zeit. Die dicken Geländewagen mit ihren grobstolligen Reifen dürfen auf einer feinen Asphaltfahrbahn dahinbrausen. Die Radfahrer mit ihren dünnen Reifen werden hingegen über einen schmalen Geschicklichkeits- und Hindernisparcour geleitet. Wieso sind die Radwege besonders in den Städten so ein grausliches Flickwerk?
Zum Glück lenkt mich bald die Landschaft vom Nachdenken ab. Ich fahre an der Ostsee entlang. Vorbei an feinen Villen, Backsteinbauten, noblen Hotels, Touristenburgen, Strandkörben und vielen vielen Urlaubern. Irgendwann finde ich dann einen Weg wieder etwas entfernt von der Küste mehr im Landesinneren. Er führt mich zu kleinen Dörfern, zu Getreidefeldern, zu Reetdächern, zum Duft nach Stroh, zu Platten-, Sand- und Schotterwegen, und zu freundlichen Leuten. Moin Moin, grüßen sie hier. Und egal ob Radler oder nicht, alle haben Schweißperlen auf der Stirn. Es ist einfach sau heiß heute.
8. August 2020
Sardinen in Sonnenöl
Samstag Morgen. Meine Pension hieß Freitag. Also Aufbruch. Und weiter an die Ostsee, ans Wasser. Je näher ich dorthin komme, desto umtriebiger wird es auf den Straßen. Lübeck wirkt noch etwas verschlafen. Aber danach geht es recht schnell zur Sache. Ferienzeit heißt zwar Erholungszeit, doch anscheinend ist das hier auch in großen Massen möglich. Während ich der Küste entlang durch die Strandbandeorte fahre, fällt mir ein Vergleich ein: Sardinen in Öl, könnten gut hierher passen. Auch wenn sie nach Sonnencreme riechen. Oder Bratheringe. Die gibt es hier ebenfalls zu kaufen. Jetzt liegen sie mit noch blasser Farbe im Sand, der Kruste wegen. An der Küste ist ein Rummel sondergleichen. Da geht die Post ab. Blauer Himmel, leichte Gischt im Wasser, und am Strand sonnenhungrige Menschen, oder vielmehr Menschenmassen. Und zwischen Strand und Häuserzeilen versuchen Autos ohne Mindestabstand einen Weg zu finden. Ich habe mich mit dem Fahrradstreifen abgefunden. Auch wenn ich ihn mit vielen anderen teilen muss. Denn dort geht es trotz der Fußgänger entschieden flotter voran als auf der Straße.
Mittags reicht mir dann der sommerliche Küstenumtrieb. Ich finde wieder eine Straße ins Landesinnere quer durch die Felder. Hier ist es zwar leicht wärmer, weil weniger Wind als an der Küste. Doch Autos sind auf diesen kleinen Straßen nur ganz wenige unterwegs. Dafür gibt es ein paar Baustellen. Glasfaserkabel werden verlegt, in den kleinen Ortschaften, mitten am Land. Da staune ich. Das Fahrradwegebauen haben sie nicht so gut drauf. Doch beim Breitband sind sie anscheinend schneller als ihre südlichen Nachbarn.
Mir passt das Cruisen durch die Felder. Ich mag es, wenn ich etwas Aussicht habe. Der Höhenmesser zeigt zwar bloß 65 Meter an. Nur hier ist das schon fast ein kleines Gipfelerlebnis, das Weite garantiert. Darüber hinaus gibt es immer wieder feine kleine schattenspendende Waldstücke. Und als Sahnehäubchen führt meine Route entlang einer über mehrere Kilometer frisch asphaltierten Straße. Sie ist noch mit Fahrverbot gesperrt. Wahrscheinlich ist sie erst gestern fertig geworden, freitags. Die Bauarbeiter wollten aufs Wochenende wohl alle gleich an die See. Verbotsschilder wie Maschinen haben sie einfach stehen gelassen. Oder es war ihnen gestern fürs Wegräumen ebenfalls zu heiß.
9. August 2020
Mitfahrbank
Den Kieler Hafen habe ich am Morgen schnell erreicht. Flach geht eindeutig gut. Im Hafen staune ich ob der großen Fährschiffe. Nach Schweden ginge die Stena Line. Das Schiff steht da wie ein Ungetüm. Zum Glück angeleint. Doch ich bleibe beim Rad und fahre weiter Richtung Norden. In der Stadt sind jede Menge Lastenräder unterwegs. Meist sitzen Kinder vorne drin, auch größere. Diese Zweiräder mit langem Vorbau schauen ungewohnt aus. Doch sie sind glaub gar nicht so schwer zu fahren. Jedenfalls können sie sich geschickt auf den kurvigen Radwegen im Strom mitbewegen. Oder durch die Warteschlangen vor den Bäckereien. Denn am Sonntag scheinen in Kiel alle auf frische Brötchen zu stehen. Immer wieder sehe ich lange Schlangen vor den Bäckereien. Fast würde sich da ein Bauchladen auf der Straße rentieren. Dann könnten sie sich die Zeit beim Warten auf die frischen Brötchen mit frischen Brötchen vertreiben.
Der Weg raus aus der Stadt ist etwas mühsam. Ich folge meinem Navi. Das führt mich ein bisschen kreuz und quer durch die Vororte. Und danach geht der Fahrradweg entlang der Schnellstraße nach Flensburg. Vielleicht gibt es dort oben auch frische Brötchen. Denn auf der Straße herrscht reger Verkehr. Die Geräuschkulisse nervt. Sie ist ein totaler Kontrast zur sonstigen Ruhe am Land. Doch irgendwann nimmt dann die Schnellstraße einen anderen Verlauf. Da bin ich mit meiner Route wieder zufrieden.
Die „Mitfahrbänke“ in den Ortschaften hier im Norden finde ich lustig. Sie schauen fast aus wie Bushäuschen ohne Dach. Die gewünschten Ziele lassen sich seitlich an der Bank auf einem Holzbrett mit Autostopperdaumen ausklappen. Ich habe zwar nie jemanden warten gesehen. Entweder kommt man damit ganz schnell weg, oder es bleibt niemand stehen und darum wartet auch niemand. Doch die Idee gefällt mir. Ein unkomplizierter, selbst organisierter Öffi-Verkehr mit freiem Fahrplan.
Schon am frühen Nachmittag erreiche ich Flensburg. Ich entscheide mich, einfach weiterzufahren. Ich will gleich die Grenze nach Dänemark probieren. Beim Übergang gibt es viele Absperrungen und Richtungsschilder. Auf Höhe des Postens sehe ich einen Radfahrer auf einer seitlichen Spur ungehindert entgegenkommen. Also entscheide ich mich ebenfalls für diese Variante, als eine Art Mitfahrbank. Tempo beibehalten und zielgerichtet durch, ist meine Devise. Und so mache ich gleich noch ein paar Kilometer mehr, und erste davon in Dänemark.
10. August 2020
Ein Holunderstrauch am Abend
Der erste Weg führt heute zu einem Bankomaten. Ich brauche Dänische Kronen. Und anscheinend bin ich nicht der Einzige. Denn hinter mir stehen noch zwei Personen an. Beide ebenfalls mit Rad. Die eine wird wohl den Taschen nach eine Hausfrau sein. Der andere der Kleidung nach vielleicht ein junger Büromitarbeiter. Der Bankomat liegt wahrscheinlich auch bei ihnen am Weg, als Drive-In-Schalter für Radler.
Unterwegs staune ich in einer Kleinstadt bei einer Ampel. Da finde ich doch tatsächlich eine Fußabstütze und einen Handlauf für Fahrradfahrer. Hey, das geht echt gut. Ich muss gar nicht absteigen. Den Fuß einfach nur seitlich in der Höhe hinsetzen, beim Warten auf das grüne Signal. Ich denke, dass da zumindest 2 Radler Platz finden. Und die Radfahrampel wird einen Tick früher grün als die für die Autos. Da schaffe ich die halbe Kreuzung ohne Stress.
Die Landschaft wird dominiert von großen landwirtschaftlichen Feldern und riesigen, einsamen Höfen. Auf meiner Route liegen nur ganz wenige Ortschaften. Ich denke, dass dieser Teil von Dänemark nur dünn besiedelt ist. Er hat wahrscheinlich mehr Mastschweine als Einwohner. Bei einem der Höfe am Weg fährt gerade ein Verkaufswagen für Eis vor. Ich höre schon von weitem eine Glocke läuten. Der Fahrer bedient sie mit einem Seilzug vom Fahrerhaus aus. Lustig, dass da ein Seil nach oben führt. Am Dach schaukelt und bimmelt es wie bei einer kleinen Kirchenglocke. Er läutet ziemlich lange, bevor er weiterfährt. Doch auftauchen tut niemand. Vielleicht hat er seine Glocke auch nur mir zeigen wollen, wie er das sonst mit Verkaufen so macht. Und weil in dieser einsamen Gegend weit und breit auch kein Hotel für mich auftaucht, schlage ich mein Zelt am Rande eines Getreidefeldes auf. Ich finde einen Platz unter einem Holunderstrauch. Das passt gut zu dem in Dänemark entdeckten Getränk für mich. Es ist Holunderblütenlimonade, und nennt sich Hyldeblomst.
11. August 2020
Eine Bahntrasse führt mich nach Norden
Gleich am Morgen nehme ich kräftig Fahrt auf. Der Radweg ist frisch asphaltiert. Ich komme gut voran. Die wenigen Windräder stehen still, das motiviert mich zusätzlich. Die Felder sind riesig. Heute reiht sich Kartoffelfeld an Kartoffelfeld. Und alle werden mit großen Wasserwerfern bewässert. Hie und da gelangen auch ein paar Spritzer auf die Straße. Doch ich komme trocken durch. Und für den kleinen Hauch eines Augenblicks sehe ich sogar Regenbogenfarben im Wassernebel. Ab dem späten Vormittag ist auch die Sonne mit mir am Weg, und sorgt für heiße Temperaturen. Für das Reifen der Kartoffeln ist das sicher ideal. Für mich am Rad könnte sie es aber etwas kühler geben.
Irgendwann biege ich auf den Himmerlandstien ein. Das ist eine aufgelassene Bahntrasse. Sie führt über 80 Kilometer als Naturweg in überwiegend gerader Richtung durch den westlichen Teil Dänemarks. Ein Eldorado für Fußgänger, Radfahrer, und am Seitenrand auch gar für Reiter. Doch heute ist nur eine Handvoll Leute mit mir am Weg. Obwohl nicht asphaltiert, rollt es sich auf dem harten Untergrund mit dem feinen Sand an der Oberfläche ziemlich gut. Eigentlich sehr gut. Und dazu gibt es feinen Schatten durch die seitlichen Sträucher und das Gehölz. Also dieser Streckenteil hat mir jedenfalls gefallen. So machen Radwege Spaß, selbst wenn sie fast nur gerade dahingehen.
12. August 2020
Eine Fähre zum Weiterkommen
Mit einem feinen Frühstück gestärkt mache ich ein paar schnelle Kilometer auf dem Fahrradweg von gestern weiter. Später zweige ich dann nach rechts ab. Ich orientiere mich Richtung Hirtshals. Es zieht sich ziemlich. Doch je weiter nördlich ich komme, desto stärker wird der Rückenwind. Und so rolle ich ohne große Mühe über das jetzt ein bisschen hügelige Terrain. Es gibt immer noch große Getreidefelder, große Mähdrescher und große Traktoren. Und dieselben Farben, bei den Feldern und den Traktoren. Ein paar Mal reichen die Felder fast bis ganz an die Küste. Als ich das Meer dann vor Hirtshals am späten Nachmittag wieder erblicke, lasse ich einen kräftigen Juchzer. Ich habe schon ich die obere Spitze von Dänemark erreicht. Jetzt noch schnell ein Ticket für die Fähre buchen. Dann kann es morgen ab Kristiansand in Norwegen weiter gehen.
Auf der Fähre bin ich der Einzige mit Rad. Motorräder gibt es entschieden mehr. Und Autos sowieso. Ein Mix aus Norwegern, Dänen und einem großen Anteil Deutscher, erkenne ich so beim Passieren der Warteschlange an den Kennzeichen. Als wir dann kurz vor 21 Uhr im norwegischen Hafen anlegen, bin ich ziemlich müde. Es war ein langer Tag. Spät abends werde ich dann im Bett auch noch per Mail und SMS gut zugedeckt. Norwegen klärt mich ganz amtlich zu Covid-19 auf.