Vor Cartagena geht's los

4. Oktober 2021

Feine Geschenke 

Am Meer ist am Morgen schon eine imposante Stimmung. Weit draußen liegen die Wolken wie Tanker im Wasser. Vor einem Haus am Ufer sitzt ein Mann auf einem Plastikstuhl und schaut sich das Schauspiel draußen am Meer an. Ich denke mir, dass man hier bei dieser Kulisse wirklich nicht viel braucht für ein Zufriedensein. Eine Schale Kaffee hatte er jedoch auch noch in der Hand. Später schickte mir dann meine Cousine noch ein Foto vom Sonnenaufgang bei ihr in Manilva weiter unten im Süden. Auch sie war mit dem Geschehen am Meer zufrieden. Dort kündigte die Sonne mit einem surrealen breiten roten Band ihre Bereitschaft an, aufzusteigen und sich den ganzen Tag zu zeigen.

 

Die Straße führte landeinwärts in die Hügel hinein. Bei gleichmäßiger Steigung ging es kontinuierlich hoch. Hügel um Hügel, Kurve um Kurve. Hie und da hoppelte ein kleiner Hase seitlich weiter ins Gras hinein, oder die Böschung hoch. Am Straßenrand gab es niedrige, blühende Sträucher mit hellgrünen Blättern. Sie hatten viele kleine gelbe Blüten. Ein Augenschmaus. Daneben war es karg und trocken. Auf dem Asphalt waren immer wieder klingende Namen von Radrennfahrern weiß aufgemalt. Eine Vuelta-Etappe also. Das motivierte mich zusätzlich. Doch eigentlich war ich sowieso schon gut drauf. Ich dachte an meinen Sohn. Der feiert heute Geburtstag. Und mit diesen Erinnerungen war ich schnell oben, auf La Cuesta, und genoss das Rundumpanorama mit Blick in die weite Ebene im Tal.

 

Dort ging es dann nur noch flach weiter. Ich fand die Gemüsefelder wieder. Das war nicht schwer. Ich musste einfach nur den Plastikfetzen nachfahren, und schon war ich mittendrin. Auf einem riesengroßen Feld fuhr ein Traktor langsam dahin. Als er bei der Straße wendete, schaute ich ihm länger zu. Hinten hatte er einen Aufbau mit einem großen Regal samt vielen Tabletts an Setzlingen drauf. Es waren glaube ich Krautpflanzen. Und dazwischen saßen 4 Arbeiter, die im Sekundentempo Setzling um Setzling in die vorbereitete Erde drückten. Von der Seite waren nur die Hände zu sehen, die maschinenartig ihrer Aufgabe nachgingen. Der Fahrer ließ dann den Traktor allein geradeaus fahren. Er bereitete den Arbeitern die vollen Tabletts zur Entnahme vor, und entfernte die leeren. Dann richtete er noch hie und da den Bewässerungsschlauch zwischen den Reihen gerade. Ein Traktor ohne Fahrer, vier stakkatoartig sich bewegende Hände, ein riesengroßes Feld. Ich fuhr nachdenklich weiter.

 

Später gab es dann über viele Kilometer nur Zitronenplantagen. Einige auch in Plastikhäusern. Die meisten jedoch im Freiland. Bei einem solchen Feld sah ich gelbe Kisten an der Straße, und einige Arbeiter mit Kübeln. Sie hatten gerade mit dem Ernten begonnen. Als ich um ein Foto fragte, kam gleich der Chef des Erntetrupps dazu. Er war sehr gesprächig. Sie waren alle aus Marokko. Dann ging es darum, wieviel ein Kilo Zitronen in Österreich kostet. In Spanien seien es nicht mal dreißig Cent hier am Feld. Und wieviel man in Österreich für einen Tag solcher Erntearbeit zahle. Ich wusste natürlich für beide Fragen keine Antwort. Ich meinte nur, dass dort keine Zitronen wachsen. Damit war er dann auch zufrieden. Einer seiner Arbeiter musste noch ein Foto von uns beiden machen, und meine Taschen mit großen grünen Zitronen füllen. Schwer beladen fuhr ich weiter. Vielleicht schaffen es die Zitronen bis nach Hause. Dann sind sie vielleicht gelb, und nicht mehr grasgrün.

 

5. Oktober 2021

Hügelreich und Hochhausreich  

Rund um Alicante ist natürlich auf den Straßen viel mehr los als irgendwo am Land. Doch es gefällt mir ganz gut. Ich fahre der Küste entlang und genieße die Morgensonne und das Blau am Himmel und im Meer. Am Strand herrscht noch Ruhe. Nur vereinzelt sind schon Sonnenschirme aufgespannt. Dafür ist die Promenade gut bevölkert. Doch ich komme mit den Fußgängern klar. Ich bleibe am Radweg.

 

Später weiche ich dann der Hauptstraße aus. Ich fahre etwas ins Landesinnere. Und kaum bin ich von der Küste weg, wird es viel ruhiger. Eine kleine Straße führt durch die Hügel und steigt etwas an. Es gefällt mir. Es sind sogar einige Rennradler am Weg. Man grüßt sich lässig. Und jede Menge kleine graue Würmer oder Tausendfüßler gibt es auch am Straßenrand. Ich fahre hie und da etwas Slalom, um ihnen auszuweichen. Sie haben die gleiche Farbe wie der Asphalt. 

 

Mittags erreiche ich dann Benidorm, einen großen Badeort. Es ist ein totaler Kontrast zum Hinterland. Hochhäuser noch und noch. Manche finde ich architektonisch sehr gewagt. Oder jedenfalls auffällig. Ich kehre in einem Strandrestaurant zu, und gönne mir einen Teller Nudeln. Der junge Kellner ist sehr nett. Weil nur wenige Gäste da sind, habe ich seine ganze Aufmerksamkeit. Das gefällt mir, wenn jemand geschickt ist, und Spaß und Freude an seinem Job hat. Und Gefallen finde ich auch am breiten Radweg durch die Stadt. Oft sind die Fahrbahnen in Spanien durch einen breiten Grünstreifen oder gepflasterte oder betonierte Flächen voneinander getrennt. Hier haben sie es pfiffig gelöst. Es ist ein breiter, roter Radweg, der zwischen den beiden Fahrbahnen durchführt. Zuerst ist es etwas ungewohnt. Doch mit der farblichen Markierung und den Richtungsstreifen scheint es zu funktionieren. Ein paar Rennradler und zahlreiche E-Scooterfahrer sind volles Tempo unterwegs.

 

Am Nachmittag fahre ich aufs Geratewohl durch die Gegend. Ich habe eine Abzweigung verpasst und muss dann ein paar Hügel mehr mitnehmen. Dafür habe ich immer wieder eine tolle Aussicht. Es ist eine Villengegend. Oder eine solche ist gerade im Entstehen. Denn ich fahre an zahlreichen Werbetafeln vorbei. Ein ganzer Hügel wird neu verbaut. Ein paar Kräne stehen schon. Und den Fotos auf den Tafeln nach zu schließen schaut es bei dieser Lage und Aussicht ganz nach gediegenem Luxus aus.

 

6. Oktober 2021

Rolleretappe

Wenn am Morgen ganz überraschend Regen ans Fenster klatscht, dann habe ich keine große Lust zum Aufstehen. Doch der Check per Wetter-App sagte dann, dass es nur kurzfristig sein wird. Und als ich gut 2 Stunden später aufs Rad steige, ist die Straße schon wieder trocken und der Himmel blau.

 

Mit dem Navi gut ausgerüstet mache ich mich auf den Weg aus der Stadt. Dennoch drehe ich eine größere Ehrenrunde. Denn wenn ich sonst mal eine Abzweigung übersehe, finde ich meist gleich eine alternative Route. Doch heute Morgen habe ich mit Umkehren zu lange gewartet. Und wegen der Leitplanke kann ich nicht auf die andere Fahrbahn wechseln. Also fahre ich wieder ein Stück in die Richtung, aus der ich gestern hergekommen bin. Doch wirklich schlimm ist das nicht. Denn die Gegend gefällt mir.

 

Auf kleinen Nebenstraßen fahre ich durch Mandarinen-, Orangen-, und Zitronenhaine. Sie sind eher kleinräumig abgetrennt. Vielleicht gehören sie nur Hobbyobstbauern und keinen großen Firmen. Die Früchte schauen dennoch gleich aus. Und die Bäume tragen schwer. Die Äste hängen bis zum Boden hinab. Noch sind sie alle dunkelgrün. Nur vereinzelt liegen orange oder gelbe Früchte am Boden. Aber gespritzt wird hier auch. Jedenfalls sehe ich bei einem Wasserbecken einen kleinen Traktor mit einer Spritzkanone stehen. Vergessen werden sie den nicht haben. Er wird auf einen Einsatz warten.

 

Je weiter ich nach Norden komme, desto grüner werden die Flächen. Im Gegensatz zum braunen Andalusien ist es hier fast schon üppig grün. Und das liegt nicht an den Golfplätzen allein. Nein, auch die wenigen Grünflächen neben der Straße tragen den Namen zurecht. Als farblicher Kontrast zum Grün der Wiesen macht sich dazu das Ocker der Erde ganz gut. Und auf einer ockerfarbenen Pferdekoppel sehe ich gar eine feingliedrige weiße Stute, die das Ocker in der Mähne und im Schweif trägt. Zumindest im Ansatz hatte sie diesen erdfarbenen Ton drin, der dann ins Weiße übergegangen ist. Perfecto, fiel mir als passender Begriff dazu ein.

 

Da das Gelände sehr flach ist, komme ich mit dem leichten Rückenwind flott voran. Ein paar Rennradler sind dennoch schneller. Und vor Valencia werden es dann noch einige mehr. Doch mir imponieren viel mehr die riesengroßen Reisfelder als die Radfahrer. Der Küstenstreifen ist hier zum Landesinneren ganz breit, und topfeben. Bei einigen Feldern ist die Ernte gerade im Gang. Mähdrescher fahren durch die feuchten Felder, und hinterlassen tiefe Spuren. Jedenfalls dort, wo sie wenden, oder wo sie ihre Reisladung an die Traktoren übergeben. Die warten dazu auf der Straße. Mir gefallen solche Felder sehr. Einige Flächen wurden schon früher abgemäht. Dort ist das wenige Stroh schon trocken. Seinen Duft finde ich genial. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben kann. Doch wenn ich diesen Strohduft rieche, dann ist das etwas ganz Spezielles. Das ist wie Radfahren …

 

7. Oktober 2021

Ein Terrier am Kutschbock

Aus Valencia raus ist ziemlich viel los. Und eigentlich auch den ganzen Tag. Oder es kommt mir so vor. Denn eine Zeit lang führt der Radweg entlang der Autobahn. Und da ist der Lärmpegel eindeutig höher. Und da gilt es auch immer wieder die Zufahrtsstraßen zu queren. Oder ein paar Ortschaften.

 

Orangenhaine sehe ich heute natürlich auch wieder. Und zwar jede Menge. Mir gefällt ihr dunkles Grün der Blätter. Und dazu der Kontrast der aufgelockerten Bodenerde mit ihrem Rotton. Einmal war so ein Hain mit Oleanderbüschen eingerahmt. Wunderbar. Sofort war die Erinnerung an Zuhause da. Denn meine Eltern hatten auch welche. Und sie waren immer ganz stolz, wenn die Pflanzen viele Blüten zeigten. Doch hier braucht es dafür glaub keinen großen Pflegeaufwand. Denn später sah ich die Oleander als Straßenabgrenzung bei den Fahrbahnen der Autobahn. Und zwar kilometerweit. Rot, Weiß, Pink. Eine einzige Blütenpracht. Und die verblühten Knospen waren nicht entfernt, wie es meine Mutter immer machte, für noch mehr Blüten.

 

Aus einer Ortschaft kam mir eine Kutsche entgegen. Das Zugpferd war unauffällig, ließ den Kopf hängen. Der Kutscher saß ohne große Ausstrahlung auf seinem Bock, schaute eher müde auf sein Pferd, und hielt die Zügel lose in der Hand. Dafür saß neben ihm am Kutschbock ein gescheckter Terrier, der scheinbar der Boss auf diesem Gespann war. Denn der tat so wichtig, und schaute so interessiert, dass er wahrscheinlich gar keine Zügel brauchte für seine Kommandos. Der Terrier kam mir ganz wie ein richtig stolzer Spanier vor. Wer weiß, wohin der Terrier heute wollte. Mich hat er jedenfalls nur schon durch sein bloßes Vorbeifahren beeindruckt.

 

Kurz vor meinem Etappenziel sah ich einen verschwitzten Rennradfahrer am Boden sitzen. Er mühte sich ab, einen Schlauchreifen auf seine Felge zu hebeln. Er hatte einen Platzer, und neues Material dabei. Doch die Spannung des neuen Reifens war zu groß, als dass er es allein geschafft hätte. Ich half ihm also, und staunte. Denn einen Schlauchreifen und die dafür erforderliche spezielle Felgenform hatte ich noch nie gesehen. Der Mann meinte, dass sie superleicht und gut wären. Nur hie und da gäbe es halt einen Defekt. Er hätte es allein bisher immer geschafft. Doch jetzt bedankte er sich herzlich für meine Hilfe.

 

8. Oktober 2021

Vom Rad aus Feigen pflücken

Kaum bin ich aufs Rad aufgestiegen, gibt es gleich viel Arbeit. Zumindest für andere. Müll auf der Straße einsammeln, Gehsteig kehren, Palmen putzen, Fenster reinigen, Blumen gießen, Rasen mähen, Rasen sprengen, Sandstrand planieren, Restauranttische aufstellen, und einiges mehr. Und dabei habe ich grad nur ein paar Hundert Meter zum Strand zurückgelegt.

 

Während andere also ihrem Tagwerk nachgehen, bin ich nur am Schauen, vom Rad aus. Doch hie und da bleibe ich auch stehen. Mag das Rauschen der Wellen länger hören. Oder einen Blick in den Garten des Fünfsterners werfen, auf dessen Balkonen noch nichts los ist. Und mich dann treiben lassen, dem Radweg und dem Meeresglitzern entlang. Doch irgendwann biege ich dann ab. Ich finde eine Route, die nicht unmittelbar an der Küste entlangführt. Es sind Nebenstraßen, oder gute Feldwege, hie und da auch weniger gute, die mich im Süden Kataloniens durch landwirtschaftliche Flächen führen.

 

Weit ab vom Schuss gefällt es mir, mal einen Olivenhain links, und die Orangenplantage rechts zu sehen. Oder beidseitig Mandelbäume. Und dann wieder zu staunen, wie der Boden bei den Olivenbäumen ausschauen kann. Mal sind es fast nur Steine, und dann ist die Erde wieder blank, und zeigt ihr schönstes Ocker. Und bei ein paar Plantagen wurde der Erdboden gerade frisch gewalzt. Manchmal gibt es auch Steinterrassen, oder kleine Mauern, die die Haine abgrenzen. Und darüber immer einen blauen Himmel, jedenfalls bis in den frühen Nachmittag hinein.

 

Ein paar Feigenbäume finde ich auch am Weg. Bei einem sind die Früchte schon fast reif. Da konnte ich nicht widerstehen, und musste einfach probieren. Vielleicht hätten sie noch etwas länger reifen können. Doch sie waren schon druckweich, und hatten eine grünviolette Farbe. Frisch vom Baum gepflückt und am Rad sitzend reinbeißen, das war Genuss pur. Oder die Feige mit den Fingern öffnen und das zartrote Fruchtfleisch mit den Kernen in der Sonne bestaunen. Hey, das hat mir gefallen. Da konnten mich die etwas klebrigen Finger danach gar nicht stören.

 

Am späten Nachmittag erreiche ich dann den Ebro. Er führt reichlich Wasser. Als ich über die Brücke fahre, meine ich, etwas ganz Großes geleistet zu haben, unwissend wieso. Doch es klingt jedenfalls gut: Ich habe den Rio Ebro überquert. Damit bin ich mit dem Tag dann auch ganz zufrieden.

 

9. Oktober 2021

Besuch auf einer Finca

Heute steige ich mal mit Pullover aufs Rad. Es ist noch etwas kühl. In der Nacht ist nämlich an der Küste eine Regenfront durchgezogen, die mit ihren Ausläufern auch im Hinterland eine leichte Abkühlung brachte. Doch ich hätte mir günstig unterwegs ebenfalls einen Pullover kaufen können. Samstag ist hier anscheinend Markttag. Und als ich aus der Stadt hinausfahre, bauen sie gerade die Marktstände auf. Ein paar Verkäufer hatten ihre Ware schon hergerichtet. Andere bauten ihre Stände erst auf, und hantierten mit langen Stangen und Planen. Einen Pullover hätte es für 3 Euro gegeben. Das war groß angeschrieben. Und es gab dazu noch verschiedene Farben zur Auswahl. Wegen der Größe habe ich jedoch nicht geschaut. Ich hatte ja schon einen Pullover. Und den hatte ich danach auch bald wieder ausgezogen. Die Sonne kam durch. Es gab wieder feines Wetter wie die Tage zuvor.

 

Ich fand entlang der Hauptstraße einen Radweg auf einer Trasse einer ehemaligen Eisenbahnlinie. Flach und durch mehrere Tunnels ging es dem Ebro und seinem Bewässerungskanal entlang. Doch alle Flussschlingen wollte ich dann doch nicht mitmachen. Ich wechselte wieder auf die Hauptstraße. Und damit machte ich auch ein paar Höhenmeter, und hatte immer wieder eine Aussicht auf den Fluss und dessen Umland. Obwohl nicht sehr hoch, kamen mir die Berge am Horizont schon fast wie Gebirge vor.

 

Später machte ich dann einen Abstecher für einen Freundschaftsbesuch auf einer einsam gelegenen Finca mit Permakulturambitionen. Meine Erfahrung: Auch als Aussteigerin lässt es sich in Katalonien gediegen wohnen, wenn man den für sich passenden Ort gefunden hat. Und Grießnockerlsuppe und Kichererbseneintopf schmecken auf der Terrasse eines Wohnwagens mit Blick auf Olivenbäume und Naturvielfalt ausgezeichnet.

 

10. Oktober 2021

Über einen Pass retour zur Küste

Da kann ein Platz noch so einsam und idyllisch gelegen sein, man bekommt dennoch einiges vom Geschehen daheim mit. Jedenfalls dann, wenn eine Regierungskrise für beendet erklärt wird. Beim Frühstück drehte sich das Gespräch daher anlassbezogen um politische Vorkommnisse. Gestern Abend ging es noch um die Vorteile von Permakultur im Garten. Eigentlich ließen sich deren Leitsätze auch auf den politischen Alltag übertragen. Da könnte dann auch dieses System gesunden.

 

Reichlich spät setze ich mich erst mitten am Vormittag aufs Rad, gut gestärkt und gut gelaunt. Ich ziehe für die Fahrt retour an die Küste einen kleinen Pass der Fahrt durch ein langes flaches Tal vor. Die Steigung ist angenehm zu fahren. Sie ist gleichmäßig und wenig ausgeprägt. Oben angekommen lese ich 507 Meter als Passhöhe. Immerhin etwas, denke ich mir. Da kommen auf der Heimfahrt später dann sicher noch mehr. Dann genieße ich die schnelle Abfahrt. Mit langgezogenen Kurven und hochgezogenem Kragen düse ich Richtung Meer. Es ist mir fast schon etwas abgegangen, die letzten Tage.

 

Doch die Fahrt an der Küste gestaltet sich dann weniger spektakulär als erhofft. Es reihen sich Badeorte an Badeorte. Und wegen des Sonntags sind auch viele Ausflügler mit am Weg. Die sind heute auch später gestartet. Denn während ich ein langes Frühstück und eine sonnige Bergfahrt genießen konnte, hat es an der Küste noch geregnet. Ich habe also mit meinem späten Start nichts versäumt.

 

11. Oktober 2021

Viel Verkehr

Es ist ein schöner, klarer Morgen. Der Himmel zeigt sich in einem hellen Blau, das Meer gibt sich deutlich kräftiger. Es ist ein sattes, tiefes Blau, das sich mir rechts der Fahrbahn zeigt. Und links sind es cremefarbene Felsen mit niedrigem, grünen Gebüsch und knorrigen Pinien. Die Straße windet sich den Felsen entlang in einiger Höhe zum Meer. Der Ausblick ist fantastisch. Mal habe ich im Gegenlicht das Glitzern der Sonne im Osten. Und kaum macht die Straße wieder eine Kurve, gibt sie den Blick nach Süden oder Südwesten frei, und damit auf klare Töne in Blau und Türkis. Mir gefällt es. Doch ich muss die Straße mit vielen anderen teilen. Montagmorgen, und ganz Katalonien scheint hier an der Küste den gleichen Weg nach Norden zu nehmen wie ich.

 

Eindeutig viel Verkehr. Und dennoch gab es noch eine Steigerung. Denn je näher ich zu Barcelona kam, desto intensiver wurde der Verkehrsstrom aus allen Richtungen. Ja, 1,6 Millionen Leute wollen sich bewegen. Mit dem Auto, dem Bus, dem Taxi, dem Zug, dem Rad, dem E-Scooter, dem Moped, dem Roller, oder auch zu Fuß. Und das kreuz und quer, mit mir mittendrin. Großes Sightseeing hatte ich ohnedies nicht vor. Doch weil überall so viel los war, trieb es mich noch schneller wieder raus aus der Stadt. Eine kleine Runde zu den Museen am Montjuïc, zum Hafen, und zur Sagrada Familia, der berühmten Basilika von Antoni Gaudi, musste genügen. Aber auch das war fordernd. Es gab zwar überall eigene Fahrradspuren, doch jede Menge Ampeln und Straßenquerungen. Und Leute, die anscheinend das Gleiche am Programm hatten wie ich. Es war fast etwas stressig. Ich hätte mich wohl anders auf Barcelona einstellen oder vorbereiten sollen. Dann wäre es hier sicher auch für mich samt Rad zum länger Bleiben gewesen.

 

Der viele Verkehr dünnte sich nur langsam aus. Auch weit weg von der Hauptstadt Kataloniens war noch einiges los. Erst am späten Nachmittag hatte ich mit meiner Routenwahl etwas Freude. Da war ich längst in den Hügeln drin, hatte hie und da Rundumsicht, eine kurvige Straße, einen Bergkamm länger im Blick, und Autos, die woanders fuhren. Das hat mir dann wieder gepasst.

 

12. Oktober 2021

Ein feiner Pass im Hinterland

Na Habidere, sage ich beim Aufsteigen aufs Rad zu mir. Es ist nämlich ganz ungewohnt, dass es am Morgen so frisch ist. Das Thermometer zeigt 8 Grad an. Da ist mir um die Ohren und die Finger grad etwas kalt. Zum Glück ist die Sonne gleich da, und wärmt mir mit der Zeit dann auch den Rücken.

 

Die Straße ist ganz angenehm zum Fahren. Kein Verkehr, guter Belag. In der Landschaft zeigt sich rund um rötliches Gestein und niederes Gebüsch, und Bäume nicht viel höher. An den Hängen sind Terrassen angelegt. Oft viele übereinander, und gar nicht so breit. Höfe sehe ich nur hie und da. Meist riecht es dann etwas übel nach Schweinestall.

 

Irgendwann stoße ich auf eine größere Straße mit mehr Verkehr. Kein Wunder. Ich erfahre abends, dass spanischer Nationalfeiertag ist. Es zieht die Leute in die Berge, genauso wie mich. Doch da die Straße sehr breit ist, komme ich mit den Autos klar. Und zum Glück kann ich schon bald wieder abbiegen.

 

Ich habe eine Route über den Coll de Serra Seca gewählt. Sie erweist sich als genial. Einfach toll. Zuerst steigt die Straße nur leicht an, und später gleichmäßig etwas mehr. Ein paar steile Rampen sind auch dabei. Und ein längeres Stück Schotter auch. Das hat mich ziemlich gefordert. Doch die Aussicht war fantastisch. Das Schwitzen hat sich gelohnt. Oben sehe ich dann eine Tafel mit dem Hinweis, dass die Tour de France sich hier auch schon mal abgemüht hat. Doch die werden vielleicht gar keine Zeit gehabt haben, die Aussicht zu genießen, so wie ich. Die Abfahrt zieht sich dann über mehr als 20 Kilometer hin. Viele Kurven, eine enge Schlucht, mehrere Tunnels, ich lasse es laufen. Der Tag war heute richtig klasse.

 

13. Oktober 2021

Klamme Finger

Gestern hat mich kurz vor Etappenschluss noch Aki aus Finnland eingeholt. Er ist auch per Rad unterwegs. Mit dem Flugzeug bis Malaga angereist hat er dort kurzerhand ein Rennrad gekauft. Damit war er schon in Mallorca, und jetzt will er nordwärts ein größeres Stück nach Frankreich. Sein Freund bringt ihm dann die Alltagssachen nach. Ja, so unkompliziert kann man Bikepacking auch angehen. Zufällig sind wir dann auch im gleichen Hotel gelandet, und hatten einen gemeinsamen Start für heute vereinbart.

 

Während ich mutig mit kurzer Hose, fingerlosen Radhandschuhen und Pullover losfahre, hat sich Aki als Nordmann passenderweise für eine lange Hose, Winterhandschuhe und Jacke entschieden. Nach den ersten paar Kilometern im Schatten bleibt das Thermometer bei Null Grad stehen. Am Gras zeigt sich ein leichter Raureif. Meine Nase tropft, den Kopf habe ich tief eingezogen, in den Fingern kaum mehr ein Gefühl. Zum Glück habe ich dann meine Handschuhe gleich gefunden. Sonst wäre das Schreiben auf der Tastatur wohl nicht mehr gegangen. Eine Mütze ziehe ich ebenfalls gleich an, ein Halstuch mit dazu. So schiele ich etwas wärmer ausgestattet immer wieder auf die andere Talseite. Denn der Sonne hat diese anfangs besser gefallen. Unsere Seite blieb lange im Schatten. Erst als sich die Sonne im ganzen Tal breit machte, kehrten auch bei mir die Lebensgeister wieder ein.

 

Das Landschaftsbild hatte sich zwischenzeitlich gänzlich geändert. Schroffe, steile Berghänge, im Tal sattgrüne Wiesen, ein Gebirgsbach, eine Schlucht. Ein totaler Kontrast zu den Tagen an der Küste. Nur das Verkehrsaufkommen war ähnlich stark. Als wir dann mittags in Andorra la Vella Stopp machten, hatten wir die langen Sachen schon wieder ausgezogen. Es war richtig fein warm. Gerade recht für ein Mittagessen auf der Sonnenterrasse. Und ein bisschen Planen, welchen Pass ich mir für den nächsten Tag vornehmen könnte. Für heute wollte ich es mal ausnahmsweise bei einer Halbetappe belassen. Andere fahren in 80 Tagen zwar rund um die Welt, doch ich habe es immerhin bis zu deren Mitte geschafft.

 

14. Oktober 2021

Pipifeine Bergetappe zu Zweit

Beim Frühstück lange ich heute kräftig zu. Denn ich erwartete einen anstrengenden Tag. Ich hatte mir heute nämlich frei genommen. Ich wollte mal Radfahren gehen. Ich meine, mal ohne Gepäck kräftig Höhenmeter machen. Und am Abend bilanziere ich dann, dass es ein pipifeiner Tag war, bei bestem Herbstwetter mit kristallblauem Himmel. Es hat mir voll gefallen.

 

Gemeinsam mit Aki habe ich mir eine Variante über den Coll d’Ordino vorgenommen. Dort wo auch die Tour de France und die Vuelta immer wieder drüber gehen. Zum Start sind wir am Morgen noch dick eingepackt. Der gestrige Tag hat uns nämlich vorsichtig werden lassen. Doch als nach wenigen Kilometern der Aufstieg beginnt, war auch schon die Sonne über den Bergrücken gekommen. Da passten die warmen Klamotten dann nicht mehr dazu.

 

Mit ein wenig Tratschen und einigen Fotostopps war der erste Teil der Runde bald geschafft. Sogar der Schlauchwechsel nach einem Platzer an Akis Vorderrad ging flott. Und flott waren wir dann auch beim zweiten Teil am Weg. Dieser bot uns eine grandiose Aussicht auf fast ganz Andorra. Und weil kaum Autos am Weg waren, konnten wir bei den vielen Serpentinen auch immer wieder auf die Talseite wechseln. Da war der Blick nach unten atemberaubend, weil so steil.

 

Ein solcher Ausblick bot sich uns dann auch am Aussichtspunkt fast ganz oben auf der Passhöhe. Die dortige Plattform ragt mehr als 10 Meter über die Felsen hinaus. Und durch das Glas am Boden sieht man die Dächer der Ortschaft Canillo senkrecht unter einem in der Sonne glitzern. Das Glas begehen wollte ich jedoch nicht. Und beim Fotografieren habe ich mich am Geländer festgehalten. Sicher ist sicher. Ich war nicht so mutig wie der Mann, der dort als Skulptur auf einem Balken sitzt, der nochmals weiter hinausragt. Unerschrocken, Kraft aus dem freien Sitzen schöpfend, in sich ruhend, mit ernster Miene, so kam er mir vor. Kein Wunder, der Künstler hatte ihm auch den Namen „Der Nachdenker“ gegeben. Aki und ich hingegen waren an diesem Platz weniger nachdenklich. Wir hatten einfach nur ein breites Strahlen im Gesicht, das zudem anhaltend war. Denn der Ausflug zum Coll d’Ordino war eine geniale Tour. Und das sicher auch, weil wir sie zu zweit unternommen hatten.

 

15. Oktober 2021

Höchster Pyrenäenpass

Am Morgen kratzt der Hals. Die Umstellung vom warmen Süden auf den kalten Norden Spaniens scheint mir nicht so gut gelungen zu sein. Doch Radfahren geht dennoch, meine ich. Vielleicht wartet ja auf der anderen Seite der Pyrenäen wieder der Süden.

 

Davor gilt es jedoch, den höchsten Pass der Pyrenäen zu überqueren. Aus der Hauptstadt Andorras raus begleitet uns eine Autokolonne. Zum Glück wird sie stetig kleiner. Immer wieder geht es links und rechts den Berg hoch, wo ein paar von ihnen abbiegen. Nur wir fahren geradeaus. Und das stetig leicht ansteigend. Es ist ein langer Anstieg zum Port Envalira auf 2.407 Meter. Es sind zwar keine giftigen Rampen drin, dennoch geht es etwas zähe. Waren gestern die Beine leicht, so fühlen sie sich heute etwas schwer an. Wahrscheinlich spüren auch sie das Gewicht der beiden Packtaschen hinten.

 

Andorra scheint ein Skihotspot zu sein. Denn wir passieren einige Wintersportorte. Die Hotelburgen sind noch alle geschlossen. Doch in den Sportshops richten sie schon die neue Kollektion in den Schaufenstern her. Und so viele Sportgeschäfte wie hier gibt es sonst glaub nirgends. Doch es gibt auch von anderem viel, oder eigentlich von allem. Und ausgerechnet am höchsten Pyrenäenpass gibt es Tankstellen en masse. Für einen zollfreien Einkauf scheint kein Weg zu weit. Als wir uns für die Abfahrt dick einpacken, packt vis-á-vis gerade einer so viel Benzin wie möglich ein. Der Kofferraum ist mit Kanistern vollgestellt. Das ist lustig anzuschauen, wie er mit dem Zapfhahn im offenen Kofferraum rumhantiert. Doch vielleicht ist es für andere genauso lustig anzuschauen, wie wir Schicht um Schicht an Kleidung aus den Gepäcktaschen ziehen.

 

Die Abfahrt erweist sich ebenso wie der Aufstieg, nämlich lang. Doch nur dahinrollen ist jedenfalls ganz angenehm. Es geht durch ein langes Tal fast endlos dahin. Während sich oben die Landschaft nur braun und ohne Bäume zeigte, wird sie irgendwann zum prächtigen Farbenspiel. Auch ohne Sonne leuchtet es gelb und rot zwischen den Felsen und in den Berghängen. Herbst, denke ich mir, jetzt hat er auch mich erreicht. Und ich Frankreich noch dazu.

 

16. Oktober 2021

Duft von Heu

Ich bin gestern zwar schon mit einem kratzenden Hals und Husten ins Bett, doch am Morgen scheint es noch viel schlimmer zu sein. Ich bin unsicher, was ich unternehmen soll. Vielleicht besser Pause machen und auskurieren? Draußen scheint die Herbstsonne. Der Himmel ist klar. Als ich die Türe öffne und den Kopf nach draußen strecke, ist es auch mir sofort klar: Ich muss raus. An so einem Tag mag ich nicht unter der Bettdecke zuwarten. Vielleicht kann ich es mal piano angehen, so gut es mit dem Husten halt geht.

 

Beim Frühstück treffe ich mich mit Aki. Wir bestellen Tee, frisch gepressten Orangensaft, und Sandwiches gefüllt mit Tortilla. Dann tauschen wir uns über Routenmöglichkeiten aus. Er will nach Süden, ich in den Norden. Und wir scherzen, dass es dann ja umgekehrt sein wird. Er wird im Norden landen, dem von Spanien. Und ich im Süden, dem von Frankreich. Das passt uns beiden. Also gibt es noch ein herzliches Ciao, und wir fahren wieder getrennte Wege. Ich verlasse die Stadt Richtung Osten, und er Richtung Westen. Keine Ahnung, ob wir uns je wieder begegnen. Doch die 3 gemeinsamen Radtage waren klasse. Wir haben dem Zufall einfach freien Lauf gelassen, und es hat beiden gepasst.

 

Beim Rausfahren aus der Stadt treffe ich auf eine abgesperrte Straße. Ich fahre dennoch weiter. Ich lande mitten im Marktgeschehen, das von vielen Händlerhänden gerade vorbereitet wird. Es ist Samstag. Vielleicht ist es ein traditioneller Herbstmarkt. Die Stände ziehen sich jedenfalls über mehrere Straßen hin. In einer Kurve ist ein langer Stand mit Pfannen. Er deckt den ganzen Kurvenradius ab. Beim Vorbeifahren denke ich mir, dass es hier wahrscheinlich jede nur erdenkliche Form von Pfannen, Größe und Material zu kaufen gibt. Pfannen was das Herz begehrt. Doch nur wenige Meter weiter, gibt es noch viel größere Pfannen, sogar dampfende Pfannen. In 3 riesigen Bratpfannen scheint man ein Marktmenü für alle Besucher vorzubereiten. Es raucht und siedet. In einer erkenne ich Reis. Bei den anderen deckt der Dampf alles zu. Obwohl erst spät gestartet, komme ich hier dennoch zu früh vorbei. Angemacht hätte es mich schon ein wenig, auch wenn ich gerade erst vom Frühstück komme.

 

Bei mir dampft es auch. Ich kann meinen Atem in der kalten Luft sehen. Doch mit der Sonne und den vielen Kleiderschichten ist es gut zum Aushalten. Nur der Hals brennt beim Husten. Die Route führt mich leicht aufsteigend durch ein breites Tal. Rundum ist es von Bergen eingerahmt. Richtung Frankreich schauen sie wie Hügel aus, Richtung Spanien zeigen sie ein deutlicheres Profil. Ich genieße das langsame Treten. Und ich genieße auch die herbstliche Farbenpracht der Bäume.

 

Die Herbsteinkehr ging ganz schnell. Erst noch an der Küste unterwegs, und immer im Sommer, war der Übergang zum Herbst ziemlich rasant. Mir kam es vor, als ob die Natur das binnen eines Tages gemacht hat. Bei zwei Wiesen links und rechts der Straße sehe ich noch den Traktor mit dem Heuwender hinten dran wegfahren. Zurück lässt er den Duft von Heu. Das gemähte Gras ist schon weit getrocknet. Durch das Wenden und Zetteln liegt es luftig locker da. Ich fahre etwas in die Wiese rein, und greife nach dem Heu. Auch mit verstopfter Nase riecht es wunderbar. Reinliegen, zudecken, und träumen wollen, kommt mir in den Sinn. Es ist nur ein gemähter Flecken Erde. Und doch fast wie ein Paradies. Bunte Bäume rundum, der Blick frei über das weite Tal, und dazu der Duft von pyrenäischem Heu, als Abschied von Spanien, und als Willkommen in Frankreich.

 

17. Oktober 2021

Gemächlich zurück an die Küste

Gestern bin ich schon früh ins Bett. Und nach verschwitzter Nacht stehe ich erst spät auf. Vielleicht habe ich nochmals Glück gehabt. Ganz unwohl fühle ich mich jedenfalls nicht. Nur der trockene Husten ist noch da. Etwas schonen, denke ich mir, und nehme mir heute nicht allzu viel vor. Zurück zum Meer, das wäre toll.

 

Meist schalte ich mein Garmin-Navi schon im Zimmer ein. Und dabei lasse ich mir auch gleich die Route anzeigen. Dann muss ich beim Losfahren nicht lange warten, bis die Anzeige da ist. Doch heute verweigert das Navi den Dienst. Es schaut so aus, als ob ihm der Transport in der Lenkertasche nicht behagt hat. Meine persönlichen Einstellungen sind verschwunden, die Route mit dazu. Und zusätzlich piepst es wieder mit jeder Tastenberührung, was ich gar nicht mag. Nur sehr aus dem Konzept kann mich das nicht bringen. Ich fahre einfach los. Richtung Osten muss es gehen, dazu Perpignan als grobe Richtung. Und bei jeder kurzen Pause unterwegs, stelle ich einen Teil meiner Wunscheinstellungen am Gerät wieder her.

 

Die lange Radwegstrecke habe ich ohne Navi gefunden. Ich bin bei einer Kreuzung einfach ein paar Sonntagsradlern gefolgt. Die wussten anscheinend, wohin ich wollte. Es ging flach dahin. Berge waren nur noch weit entfernt im Dunst zu erahnen. Eine Etappe zum Rollen, auf gutem Belag, quer durch Weinberge. Und statt Olah oder Buen Dia hörte ich jetzt jedes Mal ein Bonjour. Nur ich hatte mich noch nicht umgestellt. Nach mehr als einem Monat Spanien lag mir anfangs immer das Olah als Gruß auf der Zunge. Doch bis zum Abend hatte ich mich an die Änderung gewöhnt. Und mein Navi sich anscheinend auch an die alten Einstellungen wie zuvor.

 

An der Küste freute ich mich über den Anblick des Meeres. Der breite Sandstrand war leer. Nur hie und da schlenderten ein paar Leute mit den Schuhen in der Hand am Wasserrand entlang. Dafür war auf den großen Plätzen in den Zentren mehr los. Es wurde Pétanque oder Boule gespielt, von Alt und Jung, und auch von ein paar Frauen. Dazu mit viel Engagement. Einmal wurde sogar mit einem Rollmessband gemessen, wessen Kugel näher an der Zielkugel dran war. Da steckten gleich mehrere Personen ihre Köpfe über dem Maßband und der Kugel aneinander. Vielleicht gab es da auch ein Unentschieden, denn es waren den Gesichtern nach alle zufrieden.