2. Juli 2025

Grandioses Radeln in faszinierender Landschaft

Das Zelt ist beim Aufwachen lichtdurchflutet. Die Sonne wartet schon darauf, dass ich endlich aufstehe. Doch sie war dann zu ungeduldig und ist wieder abgezogen. Denn als ich das Zelt abbauen will, zieht kurz ein Regenschauer auf. Zur Taunässe kommt also noch etwas Regennässe. Egal, beim Abwischen geht es ja in einem. Und bald scheint auch wieder die Sonne. Aber es ist heute Morgen ein Wechselspiel. Ich fahre nämlich einer finsteren grauschwarzen Front entgegen. Und schneller als ich „Auweia, da kommt Regen“ sagen kann, sind die ersten Tropfen auch schon da. Die Regenkombi ist die Lösung, auch wenn ich auf Schönwetter eingestellt war.

 

Etwas später und einige Steigungen weiter klart es dann zaghaft auf. Nur rundum ist es schneller blau als über mir. Doch ich habe Glück. Irgendwann ist es nur noch hinter mir finster, so als ob jemand einen dunklen Wolkenvorhang zugezogen hätte. Vor mir und über den Hügeln und Bergen am Horizont zeigt sich lichtes Blau. Mit der Sonne als noch tiefstehendem Scheinwerfer ist es ein schönes Licht. Das Grün in der Landschaft wirkt ganz grell, und andere Farben bieten einen wunderbaren Kontrast. Eine einzelne pinke Blume in der Wiese bildet ein zum Juchzen schönes Bild. Dazu gurgeln überall in den Steigungen Schwarzwasserbäche. Manchmal ist es gar ein heftiges Rauschen. Für kurz muss ich wieder in die Regenkombi rein. Doch es wäre wohl auch ohne gegangen. Der Wind hätte mich wieder getrocknet. Er kommt mir von vorne entgegen, und fordert mich dann den restlichen Tag.

 

Auf einem großflächigen Hügel zähle ich fast hundert Windräder. Galway Windpark ist angeschrieben. Und das, was an Radfahren und Landschaft danach kommt, begeistert mich voll. Eine moorige Landschaft, große Weite, keine Bäume, keine Häuser, keine Autos, wellige und kurvige Straße, Steine und Felsen, und viele kleine Seen. Mit den hohen Bergen im Hintergrund ist es ein faszinierendes Bild. Hie und da sehe ich auch einzelne Torfstecher bei der Arbeit. Die barrenförmigen, schwarzen Torfstücke liegen zum Trocknen geschichtet in den feuchten Wiesen. Oder sie warten in weißen Plastiksäcken auf den Abtransport. Ein älterer Mann macht gerade Pause an der Straße. Die Torfstücke würden als Brennmaterial verwendet, ideal für offenes Feuer, erklärt er mir. Doch er hat einen starken irischen Akzent. Die Unterhaltung bleibt nur kurz. Ich unterhalte mich dafür mit dem Wind und der grandiosen Landschaft. Die weite der Ebene, ihre Kargheit, das Wolkenspiel am Himmel, die vielen Seen mit ihrer Farbenvielfalt, und die Berge rundum beeindrucken mich sehr. Der Gegenwind machte mir etwas zu schaffen. Doch ohne ihn würde die Landschaft hier wohl auch anders ausschauen. Es war ein grandioses Radeln heute.

 

3. Juli 2025

Irische Jahreszeiten und der Connemara Nationalpark

Der Wetterbericht sagte für die Nacht Regen voraus. Irgendwann hörte ich es auch am Zelt, und bin aufgewacht. Doch es war alles dicht und innen trocken. Ich schlief ruhig weiter. Zu meiner Überraschung war am Morgen die Außenhaut nur leicht feucht. Der Wind hatte nachgeholfen. Doch just vor dem Losfahren zog eine kräftige Regenfront auf. Ich wartete in der offenen Campingküche zu. Dort erklärte mir ein irischer Familienvater gut gelaunt, dass sie in Irland statt der vier Jahreszeiten nur zwei hätten, nämlich Sommer und Winter. Im Winter würde es die ganze Zeit regnen, und im Sommer nur die halbe Zeit. Ich soll es so nehmen wie es ist. Optimismus sei in Irland lebensnotwendig.

 

Der Regen hielt nicht lange an. Ich konnte bald los Richtung Connemara Nationalpark. Der Küste entlang gab es unzählige fein verästelte Meeresarme. Ich fuhr einige von ihnen ab, nie wissend, ob das Grau am Meer oder das über den Connemara-Bergen der nächste Regen sein wird. In den kleinen, steinigen Wiesen waren öfters Stuten mit ihren Fohlen zu sehen. Sie trotzen wie ich der steifen, böigen Brise, die vom Meer her wehte. Je nach meiner Fahrtrichtung gab sie mir manchmal von hinten Anschub, und dann blies sie mir wieder von vorne ins Gesicht. Und irgendwann kam dann noch Regen dazu. Am Vormittag war er entweder vor, über, oder hinter mir. Die Straße war immer nass. Das An- und Ausziehen der Regensachen sorgte für oftmalige Stopps auf meiner Route. Und in der ersten Ortschaft des Parks machte ich gleich eine längere Pause. Ich ließ eine letzte Regenfront vorbeiziehen.

 

Einen langgezogenen, schmalen Meeresarm belegte eine Austernfarm mit ihren Bojen fast vollständig. Am Ende des Fjordes fuhr gerade ein Ausflugsboot los. Bootstouren zu Delphinen war angeschrieben. Eine Mitarbeiterin an der Anlegestelle meinte jedoch, dass sie heute wohl eher nicht zu sehen wären. Fjordschauen wäre das Programm. Das gönnte ich mir auch, jedoch vom Rad aus. Und ich konnte ganz nah an den Connemaraschafen an den steilen Hängen vorbeifahren, die im hohen Farn nach Gras suchten. Fast mehr als innerhalb des Zaunes suchten welche am schmalen Seitenstreifen nach Futter. Und waren sonst auf engem Raum in den von Steinmauern gesäumten Weidekoppeln immer viele Tiere zu sehen, so verloren sich hier in der Weite der Bergflanken nur wenige. Doch die sahen hier mit ihren mehrfach gewundenen Hörnern umso spektakulärer aus. In einem schmalen Seitental schob mich der Wind den Sheffry-Pass hoch. Die Straße war zwar nur sanft ansteigend, doch die zusätzliche Hilfe des Windes war mir willkommen. Für fast zwei Stunden kurbelte ich allein zwischen grünen Bergflanken dahin, staunend wo mich die Straße als nächstes wohl durchführen wird.

 

4. Juli 2025

Wind und Regen und das recht üppig

Grauslich war es draußen heute schon am Morgen, und dann auch so den ganzen Tag. Der Wind ließ den Regen waagrecht kommen, war böig immer, und hie und da gar stürmisch. Die Bäume bogen sich, Blätter flogen, und ein paar Äste auch. Leider musste ich doch für kurz auf mein Rad. Meine Unterkunft war ausgebucht. Ich konnte nicht verlängern. Zu meinem Glück fand ich in nicht unweit davon eine andere. Zwar abgelegen, doch ganz nett, und bei freundlichen Leuten. Die Zwischenzeit verbrachte ich bei einem Shoppingcenter. Spannend, in welchem Outfit die Leute zum Einkaufen kamen. Von leichtem Sommerdress bis Winterjacke war alles zu sehen. Und bei den Schuhen ganz modebewusst und auch funktional: Gummistiefel. Da schaute ich fast neidisch hin. Denn meine Regenüberzieher sind alles andere als dicht. Na ja, ich hoffe auf morgen, dass der Wind nachlässt und der ganze Regen endlich herunten ist.

 

5. Juli 2025

Im Grauen mit der Grünen

Am Morgen rüttelt der Wind recht kräftig am Fenster. Regentropfen bläst er auch dahin. Ich drehe mich im Bett wieder um. Zu meiner Enttäuschung ist nämlich draußen alles düster und grau. Doch im Fünfminutentakt wechselt das Wetter. Zumindest der Regen hört dann auf, kommt aber verlässlich wieder vorbei. Meist vom Wind wie eine Nebelfront durch die Landschaft getrieben. Für das Losfahren entscheide ich mich für die Regenkombi als passenden Schutz. Ich behalte sie bis mittags an. Gehofft hatte ich, sie frühzeitig wieder ausziehen zu können. Doch das morgendliche Grau hielt an, und der Nieselregen auch. Im Grauen mit der Grünen, fällt mir als Spruch ein, als ich die Kapuze meiner grünen Jacke zurechtrücke. Den Kopf etwas tief halten, dann habe ich das Nieseln nicht immer im Gesicht.

 

Der Radweg ist als Great Western Greenway angeschrieben und neu asphaltiert. Lästig sind nur die vielen Unterbrechungen bei irgendwelchen Zufahrtswegen. Und auch, dass immer wieder schmale Weideroste einem flotten Tempo entgegenstehen. Mit dem Regen kommen sie mir leicht rutschig vor. Doch sie waren dann dennoch gut zu fahren. Auf einem Straßenstück überholt mich ein Rennradfahrer. Er fährt mit kurzer Hose und kurzem Shirt. Wahrscheinlich ein robuster Einheimischer. Ich komme mir in meinem Outfit wie ein Alien mit Raumanzug vor. Doch der Rennradler fährt dann mehr landeinwärts, dorthin, wo am Himmel sich ein paar zarte blaue Flecken aufgetan haben. In meiner Fahrtrichtung bleibt es Grau. An der Straße sind einige Zimmervermietungen angeschrieben. Alle heißen irgendwas mit -View. Ich denke mir dabei, dass es im Irischen gar viele unterschiedliche Worte für Grau geben muss. Denn außer einem satten Grau ist für mich nichts zu sehen. Doch ein Mal hat sich ein Regenbogen zaghaft an einer Talbrücke probiert, und einen zarten Hauch seiner Farben gezeigt. Als Rainbow-View war aber keine Unterkunft am Weg angeschrieben.

 

Mittags gibt es Nudelsalat mit Mozzarella-Kugeln und Kartoffelpüree mit kleinen Lauchstücken. Es schmeckt vor dem Laden auch im Nieselregen. Zwei Männer unterhalten sich nebenan übers Fischen. Lachs muss es hier geben, und zwar riesengroße. Der eine brachte seine Hände gar nicht weit genug auseinander, als er seinen Fang beschrieb. Unterwegs kommt mir dann ein Auto entgegen. Es hat vorne zwei große Angelruten in einem Köcher stecken. Die Ruten reichen über die Motorhaube und das Dach nach hinten. Doch ich habe mit etwas anderem mehr Freude: Der Nieselregen hat sich verzogen. Ich kann meine grüne Regenkombi endlich ausziehen. Das Grau des Himmels und der Landschaft bleibt jedoch weiterhin.

 

6. Juli 2025

Sonntagsradeln in einsamer Gegend und mit Schauern rundum

Es ist Sonntag heute, und der Morgen ist gar heller als sonst. Statt dem dunklen Grau ist es zu meiner Freude ein helles. Und mit viel Einbildung kann ich dahinter gar Sonne ausmachen. Die Insel vis-a-vis ist auch zu sehen. Zumindest für kurze Zeit. Sicherheitshalber trage ich nach dem Rasieren gleich etwas Sonnencreme auf. Doch viel genützt hat es nicht. Denn schon bald zog eine Schauerfront auf. Der Wind blies vom Meer feine Nieselschauer quer übers Land. So blieb es dann auch den ganzen Tag. Wenn ich meinte, dass es vorne ganz gut ausschaut, dann waren ein paar Kurven weiter schon wieder kurze Schauer zu sehen und zu spüren. Wenn ich mich traute weiterzufahren, trocknete mich der Wind danach wieder ab. Die Schauer dauerten meist nicht lange an.

 

Beim Losfahren ist die Straße nass. Sie glänzt, wenn ausnahmsweise ein paar Sonnenstrahlen durchkommen. Dann ist es auch gleich eine Spur angenehmer. Denn die vierzehn Grad finde ich etwas frisch am Rad. In den Wiesen gibt es immer wieder Geländeabstufungen, nämlich dort wo Torf abgestochen wurde. Ich komme den ganzen Tag über an solchen Torffeldern vorbei. Sie sind nicht nur dem Gelände nach leicht zu erkennen, sondern auch an den weißen Plastiksäcken, in denen die Torfstücke zum Trocknen und zum Abtransport gelagert sind. Bei einem schön gelegenen Friedhof komme ich auch vorbei. Ich muss schmunzeln. Beim Eingang sind die Parkplätze mit Schildern reserviert. Der erste Platz ist für den Priester, und die anderen für die Trauerfamilie. Ordnung muss sein, am Friedhof sowieso. Die Grabsteine sind prunkvolle Steinmetzarbeiten mit vielen Inschriften. Der Friedhof liegt terrassenförmig am Hang. Man hat einen tollen Ausblick auf die schmale Bucht und den Fluss, der mäandernd den Weg ins Meer sucht.

 

Irgendwann erwischt mich unterwegs ein Regenschauer. Leider haben die Häuser hier keine Vordächer zum Unterstehen. Und die Einfahrten sind immer mit Toren abgeriegelt. Schutz bieten mir Hinweistafeln an der Straße. In ihrem Windschatten kann ich mich geschützt umziehen. Doch als ich mit etwas Mühe zum Weiterfahren wieder bereit bin, klingt der Regen schon wieder ab. Ein vorbeikommender Fischer meint, er könne jederzeit wiederkommen. Ich solle mich nicht zu früh freuen. Mein Weg führt später durch eine einsame Gegend nah zum Meer. Außer Schafen ist sonst niemand zu sehen. Und die sind hier recht bunt und großflächig gekennzeichnet. Es schaut lustig aus, wenn eine kleine Herde von mir aufgeschreckt einige Meter mit ihren bunten Hinterteilen wackelnd auf der Straße dahinrennt. Bei einem Faschingsumzug würden sie auch ein gutes Bild machen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Gegen den späten Nachmittag zeigt sich der Sonntag dann doch noch kurz von seiner sonnigen Seite. Doch der unterwegs getroffene Fischer hatte recht. Gegen Abend war das Schönwetterfenster schon wieder weg.

 

7. Juli 2025

Wunderbare Hochebenen am Silgo Way

Es soll besser werden die nächsten Tage, sagten sie gestern beim Einchecken am Zeltplatz zum Wetter. Doch am Morgen trommelte es dennoch leicht auf das Zelt. Vielleicht ein Nachzügler der Schauer der letzten Tage, ist meine Hoffnung. Es hörte dann auch bald wieder auf. Noch vor dem Frühstück wischte ich die Regentropfen von der Plane, und verkroch mich mit Daunenjacke in den Schlafsack zurück. Mein Zeltnachbar dürfte sich schon eine Erkältung zugezogen haben. Er hustete immer wieder kräftig. Am Autodach hatte er ein großes Kanu geladen, wohl für Flussfahrten. Bei Schlechtwetter sicher die gleiche Herausforderung wie am Rad.

 

Beim Losfahren zeigt sich aber schon etwas Blau am Himmel. Das passte mir gut. Auf einer Wiese war ein Traktor mit Mäharbeiten beschäftigt. Das frisch geschnittene Gras ist im Vorbeifahren zu riechen. Auch wenn sie nur Siloballen machen, etwas Sonne braucht es dazu doch. Meine Laune steigt. Auch weil ich in einer einsamen Gegend unterwegs bin. Auf einer geraden Straße quere ich ein großes Forstgebiet. Manchmal ist Windwurf an der Straße zu sehen. Imponierend, wie groß die Wurzelteller der umgestürzten Bäume sind. Darunter zeigt sich schwarzer Wasser. Zum Radeln ist es angenehm auf dem schmalen Weg. Es gefällt mir sehr. Irgendwann komme ich an einer kleinen Einfriedung vorbei. Ein älterer Mann steht mit einem langen Stock bei seiner kleinen Kuhherde auf der Wiese. Ich zähle sechs Stück. Graumeliert die Kuh, und die Kälber und Rinder fahlbraun bis satt rötlichbraun glänzend. Ein schönes Bild und Landidylle pur. Es machen alle einen zufriedenen Eindruck. Der Bauer, die Tiere und ich beim Zuschauen vom Rad aus auch.

 

An einigen Windrädern vorbei komme ich nach einem Anstieg auf eine weite Ebene. Der Wind pfeift kräftig. Der Wegweiser wackelt und giert. Ein großer See ist auch zu sehen. Ihm entlang sind Schafe am Grasen. Ihren Kot kann ich dort riechen, wo sie sich wohl länger aufgehalten haben. Die wenigen Schafe verlieren sich in der großen Weite. Die Landschaft und Einsamkeit gefallen mir ungemein. Es ist ein herrliches Fahren. Immer wieder kommen kleine Anstiege und Abfahrten, bis sich die nächste Ebene wieder auftut. Ich bin am Silgo Way unterwegs. Runter Richtung Meer ist es dann eine Fahrt zum Juchzen. Kurvig, wellig, rasant, raue Natur rundum, Wind zu spüren, meine Freude auch. Der Tag war einer von der besseren Sorte. Trocken durchgekommen, etwas Blau am Himmel gesehen, herrliches Radfahren in abgelegener Natur und einer mich beeindruckenden Gegend.

 

8. Juli 2025

Schon wieder Regen und Nebel

Das Wetter ist derzeit das alles beherrschende Thema. Gestern gegen Abend zogen Nieselschauer auf. Vom Meer her wehte ein kräftiger, böiger Wind. Beim Aufbau des Zeltes hatte ich gar Mühe. Im Aufenthaltsraum hörte ich ein niederländisches Paar von ihrem Urlaub erzählen. Letztes Jahr in Griechenland sei es so schön gewesen. Doch hier in Irland sei es bei dem Wetter fast zum Davonlaufen. Na ja, Radeln geht, dachte ich mir im Stillen, wenn man gern in der Regenkombi fährt. Doch als ich dann einen Blick auf die Wetterkarte warf, hielt sich meine Freude arg in Grenzen. Es waren fast ganztägig Regenschauer angekündigt.

 

In der Nacht und am Morgen war es überraschenderweise windstill. Beim Abbau des Zeltes machten sich über dem Meer dunkle Wolken bereit für ein Herannahen. Und als ob sie mein Losfahren abgewartet hätten, setzte leichter Nieselregen ein. Also schlüpfte ich schon gleich in meine Regenkombi. Beim Ortsausgang deckte ich mich noch vorsorglich mit einer Jause für unterwegs ein. Die Packungen mit Sonne seien derzeit nicht lieferbar, meinte der Mann an der Kassa. Doch ich hätte eh schon die passende Kleidung an. Mit Humor radelt es sich leichter.

 

Irgendwann am Vormittag trieb ein Bauer seine Kuhherde vom Hof über die Straße auf die angrenzende Wiese. Ich musste etwas warten, und war um die Pause froh. Sechzig Stück seien es, brachte ich in Erfahrung. Und er würde nur Silage machen, kein Heu. Derzeit stehe der zweite Schnitt an. Doch das Wetter sollte dafür etwas besser sein, war seine Meinung. Ich konnte nur nicken, auch fürs Radfahren. Denn in der Regenkombi macht es nicht richtig Spaß. Ja, und der Rest des Tages ist schnell erzählt. Es nieselte bis mittags, und kurz auch noch am Nachmittag. Und als es spät dann aufklarte, war bei mir die Luft schon draußen. Jeden Tag muss es nicht so sein wie heute. Denn von der Landschaft und der Küste habe ich heute eigentlich gar nichts gesehen.

 

9. Juli 2025

Mit Kargheit beeindruckende Landschaft

Leichtes Nieseln natürlich auch heute Morgen. Der Himmel trüb, nur die Laune ungetrübt. Der Wetterbericht sagte nämlich Besserung voraus. Die wollte ich abwarten, und startete erst am späten Vormittag. Ganz ohne Nebelnieseln ging es aber doch nicht. Ich musste die Brille öfters trockenwischen. Oder fuhr eine Zeit lang auch ohne. Bei einer weiten Bucht wehte eine kräftige Brise vom Meer her. Am Pier stiegen gerade zwei Schwimmerinnen im Neoprenanzug aus dem Wasser. Sie hatten pinke Ballons als Sichtmarker umgebunden. Vielleicht wohnten sie in dem einen Haus am Kai, das sich mit einer grell pinken Hauswand von den anderen abhob. Einen Schnappschuss mit dem Fahrrad musste ich dort machen. Grauschwarz vor Pink machte sich nämlich gut.

 

Wider Erwarten gab es heute ein paar längere Anstiege auf Hügelkuppen. Doch groß war die Aussicht oben nicht, so sehr ich die Spannung auch bis zum Scheitelpunkt aufrecht hielt. Nebel rundum, und gegen das Landesinnere noch mehr. Vereinzelt kam ich an Bauernhöfen mit Schafen vorbei. Die grauen Gebäude machten alle einen sehr desolaten Eindruck. Hie und da lagen an meiner Route auch einzelnstehende Häuser. Ihre Bauart war zumeist gleich, und der Eindruck kalt, schmucklos und abweisend, ohne Stil und anziehender Atmosphäre. Wenn die Landschaft schon karg, dann mussten es die Häuser offensichtlich auch sein. In den Waldgebieten gab es immer wieder alten Windwurf zu sehen. Und recht viele Windräder auch. Doch manche drehten sich nur ganz langsam. Sie hatten glaub Mühe, ihre langen Rotoren durch die dichte Nebelsuppe zu bewegen.

 

Gegen den Nachmittag hin wurde es etwas freundlicher. Überm Meer und dem nahen Küstenstreifen zeigte sich vorsichtig etwas Blau. Nur im Landesinneren hielt sich der Nebel standhaft. Ein paar Mal meinte ich, auch Schauer erkennen zu können. Doch auf meiner Route blieb es trocken. Zum Fahren hat es mir gefallen. Ohne Verkehr durch eine einsame Gegend mit Hochebenen-Charakter, auch wenn nur wenig höher als das Meer. Eine karge, steinreiche Gegend mit runden, abgeschliffenen Felsen. Nicht mal ein paar Schafe waren hier auszumachen. Nur manchmal Areale mit gestochenem Torf. Einfach so von der Straße weg in die Wiese marschieren ging nicht ohne sich nasse Füße zu holen. Auch die ausgeschilderten Wanderwege führten alle der Straße entlang. Doch mit Rucksack unterwegs sah ich niemanden, und mit dem Rad auch nicht. Dabei war es heute ja ein trockener Tag bei angenehmer Temperatur. Mir hat er und die Gegend gefallen.

 

10. Juli 2025

Höhenmeter und Eindrücke sammeln im Heidekraut

Ein trockener Morgen, juhu. Das Gras am Zeltplatz war am Abend noch ganz nass. Doch jetzt ist es erstaunlicherweise trocken. Auch die Zelthaut fühlt sich kein bisschen feucht an. Das macht das Einpacken leicht, und den Start in den Tag sowieso. Aufgewacht war ich schon recht früh. Ein Rucksackwanderer hatte mit seinen Zeltstangen etwas laut hantiert. Und die anderen nebenan werden dann wohl mich in Erinnerung haben, der schon früh die Stille am kleinen, abgelegenen Zeltplatz störte. Ohne Umweltgeräusche wirkt jedes kleine Rascheln laut.

 

Gleich zu Beginn fuhr ich einige Zeit auf der Hauptstraße. Es war keine Alternative möglich. Doch bald bog ich rechts ab, und folgte den Schildern in Richtung eines Nationalparks. Ein mächtiger Bergkegel teilte das Tal in zwei Hälften. Vulkanartig erhob er sich als schroffe Gesteinshalde ohne Grün aus der Ebene. Am Weg grast ein Schaf außerhalb des Zaunes. Als es mich kommen sieht, springt es elegant wie ein Turnierpferd mit ausgestreckten Hinterbeinen von der Straße über den Stacheldrahtzaun in die etwas tiefer gelegene Wiese. Gewusst wie, dachte ich mir, und sicher schon viele Male geübt. Die Straße windet sich kurvig Hügel um Hügel hoch. Zwischendrin sind immer wieder kleine Seen in den Mulden zu sehen. Und natürlich zur Gegend passend das Heidekraut. Irgendwann gewinnt ein Vogelgezwitscher meine Aufmerksamkeit. Der kleine Vogel ist recht weit oben, und scheint flügelschwingend in der Luft zu stehen.

 

Meine Jause besteht heute aus einer Doppelpackung Kartoffel- und Krautsalat. Ich hatte eine windgeschützte Stelle gefunden, und hätte gerne Nachschlag bestellt. Es schmeckte mir vorzüglich. Wohl auch, weil mich die Aussicht auf die kahlen Berge und die Weite der Ebene rundum faszinierte. Herrlich, im Gras sitzend die Stille der Natur und die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Auf einem nahen Hügel vis-a-vis saß ein Rabe auf einem etwas größeren Stein. Er hob sich markant gegen den Himmel ab. Er wird die Gegend hier wahrscheinlich ebenso genießen wie ich. Und kann sie gar aus der Luft noch betrachten. Am weiteren Weg sammelte ich dann kräftig Höhenmeter. Die Anstiege waren nicht sonderlich steil, doch zogen sich zumeist. Dafür waren die Abfahrten zum Genießen. In den Pedalen stehend federte ich die vielen Bodenwellen ab. Und purer Genuss war es jedes Mal, die vielen Kurven zu schneiden, oder den Schwung der rasanten Abfahrt in die nächste Steigung mitzunehmen, und vielleicht gar ohne Pedalieren nach dem Scheitelpunkt wieder neu Fahrt aufzunehmen, und das Spiel zu wiederholen. Am späteren Nachmittag kam dann gar die Sonne voll durch, und ließ einem das viele Nass der vergangenen Tage vergessen. 

 

11. Juli 2025

Ein herrlicher Sommertag auf abwechslungsreicher Route

Unglaublich. Die Sonne lacht vom blauen Himmel. Nur über dem weiten Fluss entlang liegt etwas Nebel. Doch er stört mich nicht. Die Aussicht für den Tag ist gut. Und oben auf den vielen Hügeln gibt es einen schönen Ausblick auf den lichten Nebel, der den Windungen des Flusses folgt. Meine Beinlinge und der Pullover müssen schon früh weg. Und das Langarmshirt nur wenig später auch. Es ist angenehm warm. Nah zur Schnellstraße ist deren Lärm gut zu hören. Auf den Hügeln oben noch viel mehr. Wahrscheinlich wollen in der Ferienzeit und bei dem tollen Wetter jetzt alle möglichst schnell Richtung Meer.

 

Ich folge auch heute wieder dem Wild Atlantic Way auf der EuroVelo-Route 1. Es ist keine gerade Verbindungslinie auf den Hauptstraßen, sondern ein Kreuz- und Querfahren durch die Landschaft auf vielen Nebenwegen. War ich gestern überwiegend in karger Gegend unterwegs, so ist es heute anders. Ich komme an einigen Getreidefeldern vorbei. Das Goldbraun des Korns ist ein angenehmer Kontrast zum üppigen Grün der Wiesen rundum. Dort haben die Traktoren heute Hochbetrieb. Bei einem Feld meinte ich, dass sie gar Heu machen. Das Gras war frisch gezettelt und fein zu riechen. Doch die Ballenpresse war nicht unweit davon schon unterwegs und wickelte alles in schwarze Folie. An einer anderen kam ich auf der Straße kaum vorbei, weil so wenig Platz. Doch es gab nicht nur Getreidefelder. Schon lange nicht mehr gesehen, und daher mit Freude festgestellt: Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Hanf, und wohl noch anderes mehr wurde in dieser scheinbar fruchtbaren Gegend angebaut. Von den Hügeln herab bot sich ein vielfältig buntes Bild der Landschaft.

 

Je weiter ich vorankomme, desto breiter wird der Fluss. Die Nebelschwaden haben sich längst aufgelöst. Knallblauer Himmel und Sonne pur. In den Steigungen meinte ich gar, dass es heiß sei. Bei einer Tankstelle machte ich Rast. Ein Lastwagenfahrer sprach mich an und erkundigte sich nach meiner Route. Und dann meinte er noch, dass das Wetter nicht nur für mich als Radfahrer ein Thema sei. Auch die Iren selbst würden ständig darüber sprechen, mal gut und dann wieder schlecht. Sie fänden immer eine passende Begründung dafür. Während des kurzen Gesprächs kamen einige Traktoren zum Tanken vorbei, oder führten auf der Straße ihre Mähwerke, Kreisler und Ballenpressen spazieren. Heute hatten sie jedenfalls Hochbetrieb. Am Fluss, oder vielmehr schon am ins Land hineinragenden Meeresarm war nah zum Meer auch Betrieb. Dort brauchten die großen Lastschiffe Lotsenboote, um sicher voranzukommen. Mit meinem Tag war ich heute sehr zufrieden. Eine gefällige, abwechslungsreiche Route, und ganz im Norden von Irland heute auch noch die Sonne gefunden.

 

12. Juli 2025

Causeway Costal Route - Outstanding Beauty

In der Nacht lacht der Vollmond über dem weiten Meeresarm und leuchtet alles fast taghell aus. Am Morgen ist es dann die Sonne, die alles überstrahlt. Knallblauer Himmel. Ein herrlicher Morgen und richtig warm. Ich starte in kurzer Hose und mit kurzem Shirt. Es fühlt sich ganz ungewohnt an. Denn mein letzter Start in einer solchen Kombi ist schon einige Zeit her. Heute verlasse ich Irland und nehme am nördlichsten Punkt die erste Fähre nach Nordirland. Im Hafen bietet sich ein kitschig schönes Bild mit blau-weißen Schiffen auf ruhigem Wasser.

 

Auf der Fähre wird vor dem Start noch mit der Ölkanne hantiert. Jede Tür und jedes Scharnier werden fachkundig geschmiert. Ich frage nach einem solchen Service für mein Fahrrad. Doch der Mitarbeiter lehnt lachend ab. Dafür wäre die Fahrt zu kurz, war seine Antwort mit einem Blick auf mein Rad. Im Wasser sind bei der Überfahrt viele große Quallen zu sehen. Es gäbe derzeit mehr, sagt mir der Mann, jetzt ohne Ölkanne, dafür mit gelber Warnweste. Wenn es warm sei, und das Wasser ruhig, dann wären sie mehr an der Oberfläche. Die Fischer würden sehr über sie jammern, wenn sie in den Netzen mitgefangen werden. Und Badende auch.

 

Grenzkontrolle gibt es keine. Ich habe freie Fahrt nach Nordirland und biege die erste Straße links ab. Causeway Coastal Route ist groß angeschrieben, als Fortsetzung des Wild Atlantic Way von der anderen Seite. Die Straße hat hier deutlich mehr Verkehr, da sie die einzige Küstenstraße ist. Sie verläuft anfangs über weite Strecken recht gerade. An einem langgezogenen Strand ist ebenfalls schon viel Betrieb. Die Rettungswacht stellt gerade ihre Fahnen auf. Noch mehr los ist dann mittags in einer größeren Stadt. Viele Leuten haben sich dicht gedrängt entlang der Straße mit Campingstühlen positioniert und warten auf den Festumzug und die Paraden. Bunte Musikkapellen und Fahnenträger machen sich bereit. Es ist der 12. Juli. An diesem Tag feiert Nordirland die Erinnerung an eine Schlacht aus dem 17. Jahrhundert. Etwas kurios, doch Feiertag ist Feiertag. Ich schlängle mich gerade noch durch, bevor hinter mir die Straße für den Verkehr endgültig gesperrt wird.

 

Irgendwann erreiche ich dann die Whitpark Bay, und staune mit offenem Mund. Eine geniale Küste. Die Hinweisschilder an der Straße auf die außergewöhnliche Schönheit dieses Küstenteiles waren nicht übertrieben. Und auch danach geht es in derselben Tonart weiter. Ich bin hin und weg, ob der wunderbaren Landschaft. Absolut herrlich. Weil es am Nachmittag recht heiß ist, zieht sich später ein langer Anstieg ewig dahin. Ich finde ihn grad etwas mühsam. Doch je weiter ich nach oben komme, desto mehr blühendes Heidekraut ist in den Hängen und Hügelflanken zu sehen. Neben der Straße gelber Hahnenfuß, und ich auf ihr mit leicht rotem Kopf ob der Anstrengung. Doch es ist ein zufriedenes Kurbeln. Die Causeway Costal Route gefällt mir sehr, und das heutige Prachtwetter ebenso.

 

13. Juli 2025

Sonntägliche Rolleretappe und ein Abenteuer

Gestern gestaltete sich die Zeltplatzsuche etwas schwierig. Ein in der Karte eingezeichneter Platz war nur ein Holiday-Park, der kein Zelten zuließ. Die Weiterfahrt war dann recht lange am Fuß einer Steilküste rundum, bis das Land wieder breiter wurde und Wiesen kamen. Nach kurzem Suchen bin ich bin ich auf einer Wiese gelandet, bei der es etwas nach Mist roch. Doch es war ein geschützter Platz fußfrei zum Meer. Und unterwegs roch es dann heute zumindest am Vormittag nach Algen. Die Straße führte direkt am Meer entlang, das sich ganz ruhig gab. Es war nur ein leises Plätschern zu hören, ohne großen Wellengang. Schwarze, abgerundete Steine, mit Moos oder Algen umschlungen, bildeten den Uferstreifen zur Straße. Und auf der rechten Seite ging es manchmal recht steil und felsig hoch.

 

Mein Navi streikte beim Losfahren. Es musste erst geweckt werden, damit es die Satelliten erfassen konnte. Doch nach Neustart und Kontrolle der Einstellungen war es dann doch bereit, mir meine Position und Route anzuzeigen. Später waren an der Straße öfters kleine Fliederbüsche zu sehen. Fein fürs Auge und die Nase. Als ich eine kleine Umfahrungsstraße mehr landeinwärts nahm, war sie durch die Ortschaften durch mit britischen Fahnen beflaggt. Vielleicht waren da gestern auch Festumzüge im Gang. Doch Leute waren heute keine zu sehen. Fast wirkte es trotz der bunten Fahnen wie eine verlassene Gegend.

 

In der weiten Bucht bei Belfast fuhren gerade zwei Fährschiffe aus dem Hafen. Stena Line war groß angeschrieben. Möglicherweise peilten sie das nahe Schottland an. Das ist von hier fast in Sichtweite und nicht mehr als einen Katzensprung entfernt. Ich hingegen folgte weiter der Küstenstraße. Gestern war sie spektakulär. Heute hat sie mir bis Belfast auch gefallen. Doch die absoluten Hingucker fehlten. Und aus Belfast raus war es dann sowieso aus mit Sonntagsradeln. Der Radweg war der schmale Seitenstreifen der Schnellstraße. Und dort war dichter Verkehr. Dieser Abschnitt war irgendwie zum Vergessen. Doch anschließend, als es wieder auf kleineren Straßen übers Land ging, war es wieder ein angenehmes Fahren.

 

Unangenehm wurde es jedoch später. Als Zeltplatz hatte ich eine Wiese nahe zu einem kleinen Wald ausgesucht. Ich meinte, ich wäre geschützt und unentdeckbar. Doch nach einiger Zeit tauchte plötzlich ein reichlich durchgeknallter Typ mit einem Holzknüppel auf. Ich solle gefälligst sofort verschwinden war die klare Botschaft. Doch als er merkte, dass ich kein Einheimischer bin, mit denen sie laufend Probleme hätten, beruhigte er sich. Wohl auch, weil noch sein Vater dazukam. Die Situation nahm eine erstaunliche Wendung. Statt zu verschwinden, luden sie mich zum Bleiben bei ihrem nahen Haus ein. Bis spät nach Mitternacht saß ich dann am Küchentisch, bekam ihre recht traurige Familiengeschichte mit, und durfte staunen, wie geschickt der alte Mann irische Musikstücke auf der Geige und der Flöte spielte. Sein Sohn leerte derweil eine Alkoholflasche. Was abenteuerlich und bedrohlich begann, nahm glücklicherweise einen freundschaftlichen und friedlichen Ausgang.

 

14. Juli 2025

Etwas Regen und viel Gegenwind

Obwohl reichlich müde konnte ich nach dem gestrigen Abend schlecht einschlafen. Ganz geheuer war es mir an dem Platz im Garten dann doch nicht. Zudem zog rasch ein Gewitter auf. Der Donner folgte zeitnah zum Blitz, und der Regen war für länger heftig. Doch am frühen Morgen waren nur noch dunkle Wolken zu sehen. Und ich war froh, mein Zelt nicht im hohen, nassen Wiesengras abbauen zu müssen, sondern auf dem kurzen Rasen beim Haus. Der Regen holte mich jedoch bald wieder ein. Nach einigen Kilometern am Rad ging leichtes Nieseln in mehr Regen über. Ich musste die Regenkombi hervorholen.

 

Irgendwann war die Distanz zu einer Fähre und ihre Abfahrtszeit angeschrieben. Mit ihr wollte ich von der langgezogenen Halbinsel wieder übersetzen. Ich strengte mich an, die nächste Fähre zu erreichen. Doch am Display des Navis wollte der Fährhafen nicht näher rücken. Erst dann checkte ich, dass auf der Hinweistafel hier ja Meilen und nicht Kilometer angeschrieben waren. Daraufhin ging es mit normalem Tempo und ganz entspannt zur Fähre. Die Regenkombi konnte ich auch noch verstauen. Der Regen hatte aufgehört.

 

Eine Zeit lang fuhr ich auf schmalen Straßen ohne Verkehr durch eine landwirtschaftliche Gegend mit viel Weideland. An einem Kornfeld kam ich auch vorbei. Der Mähdrescher hatte es nur bis zur Hälfte gemäht und stand mitten im Feld. Wahrscheinlich warteten sie auf besseres Wetter. Doch der Geruch des Strohs war dennoch wahrnehmbar. Den Duft von frischem Stroh finde ich herrlich, und am Feld noch mehr. Später war das Fahren dann weniger angenehm. Ich musste auf der Hauptstraße weiter. Dichter Verkehr, schlechter Belag, und vor allem ermüdender, böiger Gegenwind. Das war zehrend. Eine Zeit lang hatte ich mich über die hervorgekommene Sonne und das Spiel der weißen Wolken am Horizont gefreut. Doch bis beim Erreichen des Campingplatzes waren sie düster grau und ließen es prasseln. Den Aufbau des Zeltes hatte ich verschoben. Ich wartete das Ende des Regens unter Dach ab.

 

15. Juli 2025

Sauwetter mit Aufhellungen

Schon gestern am späten Abend setzte wieder Regen ein. Und in der Nacht war es gar ein heftiges Prasseln von Wind begleitet. Ich bin immer wieder aufgewacht. Der Zeltboden schien trocken zu bleiben. Doch am Morgen zeigten sich dann ein paar Wasserflecken am Fußende. Der Wind hatte den Regen zwischen Bodenplane und Zeltboden gedrückt. Rund um die Matratze und auf ihr war jedenfalls alles trocken. Eigentlich hatte ich mir ob des vielen Regens mehr Nässe im Zelt erwartet. Ich bin also noch einmal gut davongekommen. Und meinen abendlichen Plan von gestern konnte ich auch neu überdenken. Denn am Morgen regnete es nicht. Nach Süden schaute es sogar ganz gut aus. Vielleicht doch eine längere Etappe in Überlegung ziehen, war der Gedanke. Und den wollte ich auch gleich umsetzen. Die Bodenplane war schnell trockengewischt, das Zelt auch, und fast ebenso schnell verpackt. Das trockene Wetter nutzen und ab aufs Rad.

 

Mit Rückenwind gingen die ersten Kilometer flott. Ich musste einer langen Bucht und einem Flusslauf entlang landeinwärts fahren. Doch je näher ich zur Stadt und zur Brücke kam, desto finsterer wurde der Himmel. Über den Hügeln auf der anderen Flussseite war schon Regen zu sehen. Und schon bald hatte er auch mich mit leichtem Nieseln erreicht. Doch lang im Nieseln fahren macht auch nass. Also kramte ich die Regenkombi hervor. Gerade rechtzeitig, bis der Regen heftiger wurde. Dazu war jetzt auch mehr Verkehr auf der Straße. Ich fand es etwas unlustig. Ich hatte gehofft, dass es nach dem einen Hügel Richtung Süden sicher besser wird. Doch das Gegenteil war der Fall. Ein Sauwetter ohnegleichen. Bei einer Tankstelle stand ich unter. Dort meinten sie, dass es heute nicht ideal zum Radfahren sei. Doch sie zeigten mir auch den Wetterbericht. Und der ließ mich dann wieder in den Regen aufbrechen. Vielleicht bis mittags durchbeißen, dann könnte es trocken werden. Hier verbleiben hätte ein Warten auf trockene Straßen bis zum Abend bedeutet.

 

So ein Sauwetter, hörte ich mich ein paar Mal sagen. An den Zehen spürte ich schon Nässe. Beim Fahren musste ich öfters in die Mitte wechseln, denn seitlich flossen Bäche. Im Nacken war ich auch feucht. Und dort wo die Regenjacke auf den Oberschenkeln aufsetzte, war es ein ähnliches Gefühl. Bei so einem Sauwetter Radfahren ist keine gute Idee. Doch mit stetigem Pedalieren kommt man weiter, und ich daher auch. Irgendwann nach Mittag war der Regen dann endlich vorbei, und ich weit genug im Süden. Der Übergang dauerte etwas lange, doch ich wurde belohnt. Bei der Jausenpause hatte ich gar ein Sonnenfenster über mir, das angenehm wärmte, und meine Sachen zum Teil trocken werden ließ. Ich war zufrieden. Später musste ich dann zwar nochmals unterstehen, weil ein Schauer vorüberzog. Aber ich hatte den Vormittag mit Sauwetter gut überstanden, und mein geplantes Etappenziel am North Beach von Rush halbwegs trocken erreicht. Vom Zeltplatz gab es eine schöne Aussicht über die weite Bucht. Am Himmel rundum rumorte es weiter. Doch das berührte mich jetzt nicht mehr. Und wenn die Wettervorhersage des Tankwarts von unterwegs stimmt, dann ist es spätestens morgen wieder besser.

 

16. Juli 2025

Eine kurze Radetappe und eine schnelle Fährfahrt

Ein sonniger Morgen, und doch gibt es viel Nässe. Das Zelt ist triefend taunass. Ich helfe der Sonne beim Trocknen mit einem gründlichen Abwischen. Das Wettex-Schwammtuch ist dafür ideal. Ein Mann schaut neugierig zu, und interessiert sich auch für mein Fahrrad. Die Konversation dauert dann gar etwas länger. Er war nämlich aus Australien, und da war ich natürlich sehr gesprächseifrig. Eilig hatte ich es mit Aufbrechen heute sowieso nicht. Es ist mein letzter Tag in Irland, und das Ziel das schon nahe Dublin.

 

Entlang von Kraut- und Kornfeldern finde ich ein paar gute Nebenstraßen. Über mir ist Lärm zu hören. Flieger sind ebenfalls am Weg nach Dublin, und der Flughafen nahe. Aber beim Überqueren der Autobahn ist der Lärm noch größer, und andauernd. Vierspurig dicht an dicht rauscht der Verkehr dahin. Ein Graus für die Ohren. Das letzte Stück meines Weges fahre ich dann auf einem schönen Radweg bei einer langen Bucht. Die beiden hohen, rot-weiß-rot bemalten Schornsteine eines Kraftwerks und die vielen Kräne im Hafen von Dublin sind schon von weitem zu sehen. Dennoch zieht es sich etwas, bis ich ihnen näherkomme. Ich teile den Weg mit einigen Freizeitradlern und Joggern. Nahe zum Hafen freue ich mich, dass ich den Weg zur Fähre schon kenne. Vor einem Monat habe ich ihn bei der Ankunft in Irland schon mal befahren.

 

Am Terminal bin ich zusammen mit den anderen Reisenden dann etwas aufgeregt. Die Abfahrtszeit rückt näher und näher, doch das Gate bleibt geschlossen. An der Anzeigetafel ist schon die nächste Fähre angeschrieben, und vom Kai fährt zeitgleich ein großes Fährschiff ab. Es löst sich dann aber in Wohlgefallen auf. Ich hatte schon Angst, dass das eingecheckte Fahrrad mit dem gerade abfahrenden Schiff ohne mich unterwegs ist. Mit etwas verspäteter Abfahrt überholen wir auf See bald das andere Fährschiff. Am Hafen in Holyhead ging es ebenfalls unkompliziert schnell. Dieses Tempo hatte ich dann auch gleich die knappe Fahrstunde bis zu meiner Unterkunft mitgenommen, und die schon fast vergessene liebliche Landschaft von Wales genossen.