17. Juli 2025
Mit einem Sturz in den Tag
Am Morgen schmeckt mir das englische Frühstück ausgezeichnet. Denn nach einem Monat Irland ohne Baked Beans on Toast freute ich mich, sie heute hier im Norden von Wales wieder zu entdecken. Ich hatte in einem Pub übernachtet und war zufrieden. Schon kurz nach dem Losfahren sehe ich auf einem grünen Hügel eine Herde schwarz-weiß gescheckter Kühe. Sie hoben sich markant gegen den leicht blauen Himmel ab. Für ein Foto wollte ich schnell auf die andere Straßenseite wechseln, und achtete nicht auf den Verkehr. Das war ein großer Fehler. Denn es setzte ein Motorrad zum Überholen an. Zwar versuchten wir beide noch einen Zusammenstoß zu vermeiden. Doch das ging nicht mehr. Fucking Idiot, hörte ich ihn rufen, als ich über den Lenker hinweg auf die Straße purzelte. Die beiden Packtaschen lagen verstreut auf der Straße, und der Inhalt meiner Lenkertasche ebenso. Volle Scheiße, Kuhscheiße, ging es mir durch den Kopf. Wenigstens kam der Motorradfahrer nicht zu Sturz. Doch er zitterte mehr als ich. Es war für uns beide unser erster Sturz. Glück gehabt trotz der Misere, war dann meine schnelle Bilanz. Am Ellenbogen eine größere Schürfwunde, am Rad ein seitlich zerfranstes Lenkerband, ein durch mein Abstützen bei den Bremsgriffen leicht nach unten gedrehter Lenker, und eine herausgesprungene Ketter. Also alles nicht so schlimm. Gorilla-Tape, ein Inbusschlüssel, Betadona, ein Heftpflaster, und einige Minuten Pause, dann waren mein Rad und ich wieder fahrbereit. Von der Kuhherde gab es kein Foto. Das ist mir in der Aufregung nicht mehr in den Sinn gekommen.
Für kurze Zeit führte mein Weg über einen Damm, der das Meer und die Bucht von den Wiesen dahinter trennte. Dort standen an einem Gewässer drei weiße Connemara-Pferde. Sie gaben nahe zum Wasser ein schönes Bild. Die Ortsnamen an meiner Route waren auf den ersten Blick alle unaussprechlich. Für Llanfairpwllgwyngyll musste ich mehrmals üben, und bin dafür auch stehen geblieben. Ich erinnerte mich, dass das W als O ausgesprochen wird. Das war dann der Schlüssel. Beim Weiterfahren kam ich an einer langen Bucht vorbei. Auf der anderen Seite war ich vor mehr als einem Monat schon mal hochgekurbelt.
Später traut mir mein Navi einen Trampelpfad durch Kuhwiesen zu. Beim Übersteigen der Gatter war Kreativität gefordert. Und beim Schieben viel Energie. Nahe zu einer Stadt gab es einen langen Pier. Für ein Pfund Eintritt durfte ich ihn mit meinem Rad erkunden. Der Mann an der Kass schwärmte von seinem heurigen Urlaub. Die Flussfahrt auf der Donau von Wien nach Passau habe ihm sehr gefallen. Und die beiden Städte auch. Gegen den späten Nachmittag hin umrundete ich dann einen markanten, hoch aus dem Meer aufragenden Kalkfelsen, der fast eine Insel bildete. Ganz im Westen führte die Straße hoch hinauf, mit herrlicher Aussicht rundum. Es war The Great Ome. Laut den Hinweisschildern ein Ort mit weit zurückreichender Geschichte und frühen Besiedlungen. Abends stellte ich beim Erneuern des Verbandes fest, dass die Wunde am Ellenbogen zwar leicht nässt und brennt, doch angesichts des Vorfalls als einzige Schramme leicht zu akzeptieren ist. Es war jedenfalls ein aufregender Start für eine erste Etappe Richtung Schottland.
18. Juli 2025
Flach auf Küstenradwegen nach Liverpool
Gestern hatte es spät am Abend erneut zu regnen begonnen. Ich war noch wach. Es war spannend zuzuhören, wie die großen Tropfen auf die gespannte Zelthaut trommelten. Zuerst einzelne in unregelmäßigen Abständen, dann einige mehr, und irgendwann war der Regen zu einem stetigen und einschläfernden Trommeln geworden. Am Morgen war es dann ein leises, zartes, kaum wahrnehmbares Geräusch, mit dem mich der Nieselregen begrüßte. Ein vorsichtiges Hinausschauen ließ mich die Banane zum Frühstück jedoch rasch verzehren. Es klarte in meiner Fahrtrichtung auf, und das Nieseln sollte bald vorbei sein.
Es war weitestgehend windstill. Das Meer zeigte keine Wellen. Auch die Windräder draußen am Horizont im Meer drehten sich kaum. Es waren unzählbar viele, die sich der Küste entlang auffädelten. Ich war auf einem Küstenradweg unterwegs. Der Sand am Strand war am Morgen noch feuchtnass. Die Spuren der herumtollenden Hunde waren gut zu sehen. Golfplätze lagen auch am Weg. Ein Mal hatte ich mich verfahren und eine Abzweigung versäumt. Ich suchte dann auf der Karte den Weg zurück. Er führte mich kurz quer über einen Golfplatz. Loch war zwar keines in unmittelbarer Nähe. Dennoch schob ich mein Rad. Ich hielt dies für passender. Und beim Gatter zurück auf den Radweg half mir bereitwillig ein Arbeiter, der gerade mit dem Freischneiden der Telefonmasten aus den dichten Dornenhecken beschäftigt war. Für ihn war es glaub eine willkommene Arbeitspause.
Der Radweg führte auch durch eine riesige Ferienanlage. Dicht an dicht standen da über einige Kilometer die einheitsbeigen mobilen Bungalows. Die Namen der zu ihnen abzweigenden Seitenstraßen kamen mir bekannt vor. Es waren Orte, durch die ich in Wales schon mal durchgefahren war. Eine Zeit lang störten dann Industrieanlagen das Wohlgefühl beim Fahren. Doch als es später durch ein weites Marschland ging, freute ich mich wieder. Flach und auf einem guten Naturweg war es ein angenehmes Pedalieren und Rundumschauen. Vor Liverpool dominierten dann die großen Kräne im Hafen das Landschaftsbild. Und Backsteinhäuser und Doppeldeckerbusse sowieso.